Die Pleite des Wiener Grundig-Werks hat nach mehr als fünf Jahren ein Nachspiel vor dem Strafgericht. Wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN) berichten, sollen sich nach dem Willen der Wiener Staatsanwältin Alexandra Michel-Kwapinski die früheren Vorstände der deutschen Mutterfirma des österreichischen Werks, Hans-Peter Kohlhammer, Werner Saalfrank und Günther Moissl, sowie Aufsichtsratsvorsitzender und Grundig-Eigentümer Anton Kathrein wegen betrügerischer Krida mit einem Schaden von fast 100 Mio. Euro vor Gericht verantworten.

Standort Wien im Mai 2003 geschlossen

Grundig Austria ist vor fünf Jahren in Konkurs geschlittert. Im Mai 2003 hat das Unternehmen mit damals 900 Dienstnehmern am Standort in Wien-Meidling geschlossen. Unter Berufung auf die noch nicht rechtskräftige Anklageschrift schreibt das Blatt in seiner Freitag-Ausgabe, dass die vier Ex-Manager im Umfeld der Pleite des deutschen Grundig-Konzerns im April 2003 der österreichischen Tochterfirma rund 100 Mio. Euro an Vermögen entzogen haben sollen. Die Folge: einen Monat, nachdem die deutsche Mutter Konkurs angemeldet hatte, musste Mitte Mai 2003 auch das österreichische Werk Konkurs anmelden.

38.000 Mitarbeiter in Blütezeit

Das österreichische Werk hatte sämtliche Fernseher des Grundig-Konzerns gefertigt, der in seiner Hochblüte 1979 weltweit 38.000 Mitarbeiter hatte. 1980 schlitterte Grundig in die roten Zahlen, 1984 übernahm Philips die Gruppe, scheiterte jedoch. 2000 stieg der Antennenhersteller Anton Kathrein ein, Anfang 2003 fand man im taiwanesischen Sampo-Konzern und in der türkischen Beko-Gruppe zwei potentielle Retter, die jedoch am Wiener TV-Werk nicht interessiert waren. Das wollte der Industrielle Mirko Kovats übernehmen.

Eigenkapital entzogen

Um, wie die OÖN aus der Anklageschrift zitieren, den Konzern bei den Verhandlungen mit Sampo und Beko besser aussehen zu lassen, hätten die vier Angeklagten der Wiener Tocher systematisch Eigenkapital entzogen. So seien bei der "Grundig-Spaltung I" am 22. Februar 2003 gleich 42,9 Mio. Eigenkapital von Wien zur deutschen Mutter transferiert worden. Am gleichen Tag seien bei der "Grundig-Spaltung II" weitere 17,4 Millionen von Wien nach Deutschland geflossen. Zuletzt hätten die vier Beschuldigten, zu einem Zeitpunkt, als ihnen die Zahlungsunfähigkeit von Grundig Deutschland bereits bekannt gewesen sei, Lieferungen im Wert von 38,6 Mio. Euro von Wien nach Deutschland angeordnet. Mache insgesamt 98,7 Mio. Euro, um die die vier Verdächtigen das Vermögen von Grundig Österreich verringert haben sollen, so der Vorwurf. Im Fall einer Verurteilung drohen bis zu zehn Jahre Haft. Äußerungen der vier Verächtigen liegen bisher nicht vor, für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Im Konkursantrag habe Grundig Wien 160 Mio. Euro Schulden bei 106 Mio. Aktiva aufgewiesen, heißt es im Bericht weiter: Ohne die Geldflüsse nach Deutschland wäre Grundig Österreich demnach wohl nicht insolvent gewesen. (APA)