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Burgenländische Beamte übernahmen die Tatortarbeit nach dem Todesschuss in Niederösterreich. Geklärt werden muss jetzt, ob der Polizist von dem Motorradfahrer bedroht wurde und ob er ihn gewarnt hat.

APA

Wien/St. Pölten - Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als der 46-jährige Wiener am Freitag gegen 4.30 Uhr starb. In einer Kellergasse in der gut 500 Einwohner zählenden Gemeinde Wetzelsdorf, die zur niederösterreichischen Stadt Poysdorf gehört. Die Kugel aus einer Polizeipistole hatte den Motorradfahrer im Rücken getroffen - weil der mutmaßliche Motorraddieb an einer Straßensperre der Exekutive vorbeigeprescht war.

Rund eine Stunde davor hatte die Amtshandlung begonnen, schildert Friedrich Köhl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg. "Der Mann geriet zunächst in Gaweinstal in eine Polizeikontrolle. Die ignorierte er und flüchtete, worauf die Polizisten die Verfolgung aufnahmen." Zunächst erfolglos, die Beamten verloren den 46-Jährigen aus den Augen. Eine Überprüfung des Kennzeichens ergab, dass die blaue Maschine Baujahr 2008 am Donnerstag bei einem Einbruch in Wien gestohlen worden war - die Polizisten alarmierten ihre Kollegen in Reichweite.

"Gefährlicher Angriff"

Rund 20 Kilometer nördlich des Kontrollpostens tauchte der Flüchtige wieder auf. Eine Patrouille improvisierte in Wetzelsdorf in der engen Gasse eine Straßensperre. Was dann passierte, ist jetzt ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Nach erster Darstellung der Polizei ist der Motorradfahrer "mit hoher Geschwindigkeit" zwischen dem Straßenrand und dem Polizeiauto durchgefahren. Einer der Beamten musste zur Seite springen und schoss, "um sich vor einem gefährlichen Angriff zu schützen", wie es in der Polizeiaussendung heißt. Wie oft, ist noch unklar, sicher ist, dass der Verdächtige von einer Kugel hinterrücks getroffen worden ist.

"Der Mann kam zu Sturz und starb noch an der Unglücksstelle. Ob die Schussverletzung tödlich war oder er an den Folgen des Unfalls gestorben ist, muss die Obduktion klären", sagt Staatsanwalt Köhl zum Standard. Der Ankläger weiß auch noch nicht, in welchem Winkel die Kugel in den Körper des 46-Jährigen eingetreten ist.

Die Ermittlungen leitet mittlerweile die Staatsanwaltschaft Wien, am Tatort arbeiten burgenländische Kriminalisten, um Befangenheit durch niederösterreichische Behörden zu vermeiden.

Kernpunkt der Ermittlungen ist, ob der Waffengebrauch durch den Beamten gerechtfertigt war. Im Waffengebrauchsgesetz aus dem Jahr 1969 ist geregelt, dass der "mit Lebensgefahr verbundene" Einsatz einer Waffe nur zulässig ist "im Falle gerechter Notwehr". Oder "zur Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung des Entkommens einer Person", die ein Delikt mit einer Strafandrohung von mehr als einem Jahr begangen haben soll, was für Einbruch zutrifft. Allerdings muss der Einsatz zuvor "deutlich" angedroht werden. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.8.2008)