Linz - Eine Lohnsteuersenkung 2009, die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung einer Gesamt- und Ganztagsschule sowie die Verlängerung der Hacklerregelung und höhere jährliche Pensionsanpassungen. Mit diesen Forderungen zieht die SPÖ in den beginnenden Nationalratswahlkampf. Außerdem enthält das sozialdemokratische "Wahlmanifest", das beim Parteitag in Linz beschlossen werden soll, eine Abrechnung mit Noch-Koalitionspartner ÖVP, konkret mit Parteichef Wilhelm Molterer und seinem Vorgänger Wolfgang Schüssel.

Die SPÖ habe nach der Nationalratswahl 2006 auf eine konstruktive Zusammenarbeit gehofft, sich in der ÖVP aber getäuscht, heißt es gleich eingangs im roten Wahlprogramm: "Von Beginn an hat die Führung der ÖVP, haben Wolfgang Schüssel und Wilhelm Molterer unseren Sieg als Fehler und Irrtum des Wahlvolks darstellen wollen, der so bald wie möglich korrigiert werden sollte." Und weiter: "Der ÖVP-Spitze ist der Preis dafür nie zu hoch gewesen." Sie habe zukunftsweisende Projekte blockiert und einmal mehr den Bruch der Koalition herbeigeführt.

Im Anschluss folgen nach einer kurzen Leistungsbilanz der Regierung (Entlastung der Niedrigeinkommen, sinkende Arbeitslosigkeit, flexibles Kindergeld, Eurofighter-Einsparungen) auf über 40 Seiten die Pläne für die nächste Legislaturperiode. Als Ziel wird ausgegeben, Österreich gerechter zu machen. Als Schwerpunkte hervorgehoben werden der Kampf gegen die Teuerung, eine faire Steuerreform sowie Bildung und Pensionssicherung. Für die künftige Regierung wird ein neuer Stil angestrebt: Unterschiedliche Zugänge dürften nicht in regelmäßiges Hickhack und persönliche Angriffe ausarten, heißt es im Wahlpapier.

INFLATION: Bezüglich der Inflationsbekämpfung tritt die SPÖ dafür ein, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken. Zusätzlich soll es eine bessere Regelung des Heizkostenzuschusses und eine "wirksame Preiskontrolle" bei Energie und Treibstoff geben. Überdies will sich die SPÖ für größte Zurückhaltung bei Teuerungen im öffentlichen Bereich während der kommenden zwölf Monate einsetzen und die Wettbewerbsbehörde stärken: Marktbeherrschende Unternehmen sollen künftig nachweisen müssen, dass sie ihre Macht nicht missbrauchen (Beweislastumkehr).

STEUERN/GESUNDHEIT: Die ursprünglich für 2010 vorgesehene Lohnsteuersenkung soll gemäß SPÖ-Wahlprogramm auf 2009 vorgezogen und auf kleine und mittlere Einkommen konzentriert werden werden. Über eine Vermögenszuwachssteuer oder eine zweckgebundene Tabaksteuer will die SPÖ das Gesundheitssystem finanzieren. Hier tritt die Partei für eine "sofortige Entschuldung der Gebietskrankenkassen" ein. Das Pflegegeld will man "deutlich" anheben und die mobile Betreuung ausbauen.

PENSIONEN: An der "Hacklerregelung" (Männer können nach 45 und Frauen nach 40 Jahren Arbeit im Alter von 60 bzw. 55 Jahren ohne Abschläge in Pension gehen) will die SPÖ festhalten. Außerdem soll es eine "gerechtere" Invaliditätspension und Verbesserungen für bestehende Pensionisten geben: Ihre jährliche Pensionsanpassung soll nicht mehr nicht anhand der normalen Inflationsrate erfolgen, sondern nach dem (für die Betroffenen günstigeren) "Pensionistenpreisindex". Die zweijährige Wartefrist auf die erste Pensionserhöhung will die SPÖ streichen.

BILDUNG: Als zentrales Element der sozialdemokratischen Bildungspolitik wird der flächendeckende Ausbau einer qualitativ hochwertigen, leistbaren und ganztägigen Kinderbetreuung angepriesen. Mittels konkreter Zielvorgaben soll das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen schrittweise in allen Regionen und vor allem auch für die Unter-drei-Jährigen erweitert werden, die Schulpflicht soll mit fünf beginnen. Geworben wird für ganztägige Schulformen (u.a. zur besseren Vereinbarkeit von Kind und Beruf) und für die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen. Schließlich geht man es noch mal mit dem freuen Hochschulzugang an: "Wir wollen die Studiengebühren abschaffen", heißt es im roten Wahlmanifest.

SICHERHEIT: In der Sicherheitspolitik wünscht sich die SPÖ einen dem Parlament unterstellten Rechtsschutzbeauftragten für die Exekutive und die Auflösung des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) mangels Rechtsgrundlage. Sexualstraftäter sollen nach der Haftentlassung unter gerichtliche Aufsicht gestellt, der Jugendgerichtshof wiederbelebt, Gruppenklagen ermöglicht werden.

WIRTSCHAFT: Die Privatisierung von Wasserressourcen soll gesetzlich untersagt werden, bei "wichtigen Leitunternehmen" soll ein "österreichische Einfluss", etwa über strategische Staatsbeteiligungen, erhalten bleiben. Für "Zukunftsträchtige Branchen" sind Auffang- und Gründungsholdings geplant. Außerdem will die SPÖ Frauenquoten für Aufsichtsräte.

AUSLÄNDER: Alle legal in Österreich lebenden Ausländer sollen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, aber Illegale "müssen mit der Abschiebung rechnen", heißt es im SP-Wahlprogramm. Die Übergangsfristen für den Zugang von osteuropäischen EU-Bürgern will man ausnützen. Außerdem soll es "leistbare Deutschkurse in ausreichender Zahl" und verstärkte Sprachförderung vor Schuleintritt geben.

EUROPA: Erst am Schluss des Wahlprogramms findet sich die neue Volksabstimmungs-Linie in EU-Fragen: "Künftige Vertragsänderungen, die die grundlegenden Interessen Österreichs berühren", sollen einem Referendum unterliegen. Ebenso der allfällige EU-Beitritt der Türkei. Eine Volksabstimmung müsste es aus Sicht der SPÖ auch geben, wenn der bereits ratifizierte Vertrag von Lissabon "substanziell ratifizierungspflichtig geändert wird". (APA)