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Forscher: Zu den Verlierern einer Erwärmung in Deutschland wird etwa die Fichte gehören, die an kühle und feuchte Bedingungen angepasst ist.

Foto: APA/dpa/Alexander Rüsche

Halle/Saale, Potsdam - Als Folge des Klimawandels könnte in Deutschland jede fünfte Pflanzenart bis 2080 Teile ihres heutigen Verbreitungsgebietes verlieren, ist das Ergebnis einer Untersuchung von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des französischen Laboratoire d' Ecologie Alpine. Die Studie wurde im Fachmagazin "Biology Letters" veröffentlicht. Als Folge des Klimawandels werden die Vorkommen der Arten neu verteilt - für manche Pflanzen sieht die Zukunft jedoch alles andere als rosig aus.

Die Wissenschaftler haben die Verbreitungsgebiete von insgesamt 845 europäischen Pflanzenarten - von denen 550 derzeit auch in Deutschland vorkommen - in drei verschiedenen Zukunftsszenarien modelliert und erfasst, wie sie sich verschieben. Selbst bei moderatem Klimawandel und geringen Veränderungen der Landnutzung sei damit zu rechnen, dass die Flora geschädigt werde. Vor allem im Südwesten und im Osten Deutschlands könnte sich die Vegetation stark verändern. Die Untersuchung zeigt, wie wichtig es ist, die Erwärmung auf zwei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau zu begrenzen, um eine große Biodiversität der pflanzlichen Artengemeinschaft erhalten zu können, so die Forscher.

Szenarien

Das Team um Sven Pompe vom UFZ und Franz Badeck vom PIK nutzte Klima- und Landnutzungsszenarien bis 2080, denen mögliche Temperaturerhöhungen von 2,2, 2,9 oder 3,8 Grad Celsius zugrunde liegen. "Der Klimawandel führt zu lokalen Verlusten in der Vegetation. Ein genereller Trend ist die Verkleinerung der Verbreitungsgebiete der Pflanzen", so Pompe. Zu den Verlierern werde etwa die Fichte gehören, die an kühle und feuchte Bedingungen angepasst ist. "Diese Bedingungen wird es allerdings in weiten Teilen nicht mehr geben. Trockenstress macht diese Baumart dann anfälliger für Schädlinge und Sturmschäden." Umgekehrt werde es allerdings auch zur Zuwanderung von Arten aus Mittel- und Südeuropa kommen, die bisher hier nicht heimisch waren.

Lokale Unterschiede

"Die Effekte der Klimaänderung sind lokal sehr unterschiedlich", so Pompe. "Negative Auswirkungen auf die aktuelle Artenvielfalt sind vor allem in Nord-Ost- und Süd-West-Deutschland absehbar." Die Effekte in den Simulationen sind umso deutlicher, je größer der Temperaturanstieg ist. Das bedeute, dass bei einem moderaten Temperaturanstieg von 2,2 Grad Celsius etwa sieben Prozent der Arten mehr als zwei Drittel ihres aktuellen Verbreitungsgebietes verlieren, bei 2,9 Grad elf und bei 3,8 Grad Celsius 20 Prozent. "Dass das Ausmaß der Veränderungen überproportional mit der angenommen Temperaturerhöhung wächst, spricht auch unter Gesichtspunkten des Biodiversitätsschutzes für das Zwei-Grad-Stabilisierungsziel der EU", sagte Pompe.

Die Forscher befürchten, dass der Klimawandel für die Mehrzahl der Pflanzenarten zu schnell verlaufen werde, um sich anzupassen oder mit der Verschiebung des Verbreitungsgebietes - nordwärts oder in größere Höhenlagen - mit zu wandern. Betroffen sind hier vor allem Spezies, die in Nischen wie etwa im Gebirge oder in Mooren leben. "Die Sumpfdotterblume gehört beispielsweise ebenfalls zu den Verlierern, da Änderungen der Umweltbedingungen ihr kein Rückzugsgebiet mehr ermöglichen." Die Echte Walnuss gehöre hingegen zu den Gewinnern, da sie mehr Gebiete mit geeigneten Bedingungen finden könnte, erklärte der Forscher abschließend. (pte)