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Die Zivilbevölkerung flieht aus Zchinwali.

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Südossetische Rebellen bereiten Stellungen außerhalb Zchinwalis vor.

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Die georgische Offensive war auch Thema bei der Olympia-Eröffnung in Peking

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Moskau/Zchinwali -  Bei den Kämpfen in Südossetien sind nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums mindestens zehn Angehörige der russischen Friedenstruppen ums Leben gekommen. Das meldete die russische Agentur Interfax am Freitag. Medien hatten außerdem von vielen zivilen Opfern auf georgischer und südossetischer Seite berichtet. Interfax hatte zuvor berichtet, mehrere russische Soldaten seien gestorben, als georgische Truppen die Kasernen der Friedenstruppen beschossen hätten.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf forderte freien Zugang zu den Verletzten der blutigen Auseinandersetzungen in Südossetien: "Helfer kommen derzeit kaum zu den Opfern durch, und verängstigte Menschen verkriechen sich in ihren Kellern, teils ohne Wasser und Strom", berichtete der Chef der Rotkreuz-Delegation in der georgischen Hauptstadt Tiflis, Dominique Liengme, am Freitag. Die Zivilbevölkerung müsse aus den Kämpfen herausgehalten werden. Derzeit bemühten sich die Hilfskräfte, einen Überblick über die humanitäre Situation in der Krisenregion zu gewinnen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf Georgiens Führung vor, im Zuge der georgischen Militäroffensive in Südossetien habe es "ethnische Säuberungen" gegeben. "Wir haben von ethnischen Säuberungen in Dörfern in Südossetien erfahren", sagte Lawrow am Freitag im russischen Fernsehen. "Die Zahl der Flüchtlinge wächst. Eine humanitäre Krise zeichnet sich ab", fügte er hinzu.

Parlamentspräsident Boris Grislow kündigte am Freitag an, die Führung in Moskau werde ihre Landsleute in Südossetien nicht im Stich lassen. Russland werde dazu alle notwendigen Schritte unternehmen und die Sicherheit seiner südlichen Grenze gewährleisten, erklärte Grislow einer Meldung der Nachrichtenagentur RIA zufolge.

Der russische Präsident Medwedew kündigte Vergeltung für den Tod von Friedenssoldaten an. "Wir werden nicht zulassen, dass ihr Tod ungesühnt bleibt. Die Verantwortlichen werden ihre gerechte Strafe erhalten", sagte Medwedew in einer Fernsehansprache. "Gemäß der Verfassung und den Gesetzen bin ich als Präsident der Russischen Föderation verpflichtet, Leben und Würde der russischen Bürger zu schützen, wo auch immer sie leben", sagte Medwedew am Freitag nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Auch Ministerpräsident Wladimir Putin drohte Vergeltung für den Tod russischer Friedenssoldaten an und sicherte den zu 90 Prozent russischen Bewohnern Süd-Ossetiens ihren Schutz zu.

Gegenseitige Vorwürfe

Georgien und Russland haben sich am Freitag gegenseitig für den Bruch der kurzzeitigen Waffenruhe in Südossetien verantwortlich gemacht. Während die Regierung in Tiflis "separatistische Rebellen" in der abtrünnigen Region für die Fortsetzung der Kämpfe verantwortlich machte, griff das Moskauer Außenministerium seinerseits in einer Pressemitteilung die georgische Führung scharf an und warf ihr einen "betrügerischen massiven Angriff auf (die südossetische Hauptstadt) Zchinwali" vor.

"Die Glaubwürdigkeit der georgischen Führung als verantwortlicher Teilnehmer des Verhandlungsprozesses (...) ist dadurch vollkommen fragwürdig geworden", hieß es in der englischsprachigen Aussendung des russischen Ministeriums weiter. Moskau äußerte auch Sorge über das Schicksal der in Südossetien stationierten russischen Friedenssoldaten und betonte, dass es "noch immer nicht zu spät ist, großes Blutvergießen und weitere Opfer" zu vermeiden.

Die georgische Aussendung verwies hingegen auf mehrere Angriffe auf Dörfer in der Nähe von Zchinwali, die südossetischen Rebellen zugeschrieben wurden. Zudem seien "Hunderte Bewaffnete und schweres militärisches Gerät durch den Roki-Tunnel von Russland nach Georgien gelangt", berichtete die Mitteilung aus Tiflis weiters. Der 3,6 km lange Tunnel ist die wichtigste Verbindung zwischen Russland und Südossetien.

Nach tagelangen Kämpfen in Südossetien hatte der georgische Präsident Michail Saakaschwili am Donnerstagabend einen Waffenstillstand befohlen. Georgische Soldaten dürften ab sofort keine Schüsse aus Südossetien erwidern, teilte Saakaschwili in einer Fernsehansprache mit. Doch bereits wenige Stunden später wurden die Kämpfe fortgesetzt; am Freitag marschierten georgische Truppen in Zchinwali ein.

Medwedews erste Krise

Russland beklagte den Tod mehrerer in Süd-Ossetien eingesetzter Friedenssoldaten. Ihre Kaserne sei von Artilleriegeschossen getroffen worden, zitierte die Agentur Interfax den Kommandeur der Friedenstruppen. Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin warf Georgien ein aggressives Vorgehen vor. "Es gibt Opfer, einschließlich russischer Friedenssoldaten. Das ist sehr traurig und wird eine Antwort nach sich ziehen", sagte Putin in Peking.

Präsident Dmitri Medwedew rief seine wichtigsten Berater zusammen. Die Runde werde über die Wiederherstellung des Friedens und Schutz der Zivilbevölkerung im Rahmen des Friedensmandats beraten, erklärte das Präsidialamt. Für den seit Mai amtierenden Präsidenten Medwedew ist es die erste außenpolitische Krise.

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, Russland werde seine Friedenssoldaten und seine Bürger in Süd-Ossetien beschützen. Bis zu 90 Prozent der Menschen in der Region haben einen russischen Pass. Süd-Ossetien hatte sich wie Abchasien in den 90er Jahren von Georgien losgesagt. Ihre Unabhängigkeit ist international nicht anerkannt. Georgien wirft Russland vor, Süd-Ossetien und Abchasien annektieren zu wollen. Die Regierung in Moskau beschuldigt hingegen Georgien, sich die Gebiete gewaltsam wieder einverleiben zu wollen. (APA/Reuters/dpa)