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Über der Deutschen Bank mit SItz in Frankfurt zieht der Ärger der ÖBB-Chefs auf: Die Eisenbahner fühlen sich in Sachen der riskanten Finanzdeals schlecht beraten.

Foto: Reuters; Montage: Beigelbeck

Wien - Nun ist es fix: Die hochriskanten Veranlagungsgeschäfte der Österreichischen Bundesbahnen mit der Deutschen Bank - Ausfallsrisiko in Höhe von 612,9 Millionen Euro - haben ein rechtliches Nachspiel. Die ÖBB-Holding respektive die drei Konzerngesellschaften ÖBB-Infrastruktur Bau AG, ÖBB-Personenverkehr AG und Rail Cargo Austria, in deren Namen die Holding die - bis dato nur Buch-verluste produzierenden - "Portfolio Credit Defaults Swaps" (PCDS) abgeschlossen hat, wird gegen die Deutsche Bank Klage einbringen.

Wie dem STANDARD vonseiten der ÖBB bestätigt wird, soll dieses Vorgehen am 14. August in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung beschlossen werden. Dieses außertourliche Kontrollmeeting - es ist bereits das zweite in diesem Sommer - werde sich ausschließlich mit den Finanzgeschäften und den diesen hochkomplizierten Derivatprodukten zugrunde liegenden Cross-Border-Leasing-Transaktionen (CBL) widmen. Derartige Geschäfte wären an sich laut ÖBB-Satzung verboten.

Schrittweiser Ausstieg

ÖBB-Holding-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker wollte die aus dem Aufsichtsrat gesickerten Informationen unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht am Freitag nicht bestätigen, gab aber zu, dass es in der Sitzung "unter anderem um die Spekulationsgeschäfte gehen wird" .
Mit der Klage, die, vereinfacht ausgedrückt, wegen mangelhafter Aufklärung über Funktionalität und Risiken der Swaps eingebracht wird, soll dem Vernehmen nach ein schrittweiser Ausstieg aus den am 19.September 2005 und im Frühjahr 2006 eilig modifizierten hochkomplexen Derivatgeschäften einhergehen.

Die Wirtschaftsprüfer Deloitte und Günter Robol hatten nach einer Kosten-Nutzen-Analyse festgestellt, "dass die Absicherungsvereinbarungen zulasten der ÖBB ausverhandelt wurden" . Prämienzahlungen an die Deutsche Bank in Höhe von rund sechs Mio. Euro stehen demnach "potenzielle Zahlungsverpflichtungen der Deutschen Bank gegenüber, die für die ÖBB wirtschaftlich und risikotechnisch nicht zweckdienlich sind" .

Wie eine Wette

Damit ist klar: Ein Ausstieg wäre opportun, um einem allfälligen Maximalverlust aus den PCDS im Volumen von 612,9 Mio. Euro zu entgehen. Der tritt bei den - im Prinzip wie eine Wette auf das Auftreten von Kreditausfällen in einem Portfolio von 205 Unternehmenstiteln mit einem durchschnittlichen Rating von Triple-B ("BBB" ) funktionierenden - Derivatgeschäften allerdings nicht erst ein, wenn alle 205 Titel abstürzen, sondern bereits "ab einem bestimmten Ausmaß" . Dem Vernehmen nach bereits bei weniger als der Hälfte, was in den ÖBB jedoch bestritten wird.
Die Zeit drängt, denn die 2006 von Ex-ÖBB-Holding-Chef Martin Huber und Finanzchef Erich Söllinger zwecks Risikominderung abgeschlossenen Absicherungsvereinbarungen erfüllen ihren Zweck nur teilweise. Ein vollständiger Tausch der Ausfallrisiken erfolgte laut Deloitte-Gutachten überhaupt nur für den Zeitraum von Juli 2006 bis Jahresende 2008.

Laut einer indikativen Einschätzung der Deutschen Bank vom 29. Februar 2008 hätte die Bundesbahnen ein Ausstieg aus ihren Verträgen als Sicherungsgeber rund 231 Mio. Euro gekostet.

Da die weltweite Finanzkrise anhält und das Vertrauen der Marktteilnehmer zueinander schwindet, dürfte der Weiterverkauf der Kreditrisiken aus den zwischen 1995 und 2006 abgeschlossenen insgesamt 17 Cross-Border-Deals nicht billiger werden. Im Gegenteil, in den betroffenen ÖBB-Gesellschaften fürchtet man weiteren Rückstellungsbedarf. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.8.2008)