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Der eine loyal zum Premier, der andere scheint Brown beerben zu wollen: Ed und David Miliband (v. li.).

Foto: Getty/Berehulak

Sie sind die "Golden Boys" von "New Labour": die Brüder Miliband, beide britische Kabinettsminister. Während Ed Miliband (38) gegenüber Premier Gordon Brown loyal ist, übte sich sein Bruder David jüngst in Rebellion. Die Gastkolumne, die der 43-jährige Außenminister vergangene Woche für den Guardian schrieb, war ein kaum verhüllter Antrag an Labour, ihn demnächst zum Parteichef zu küren. Der Regierungspartei geht es so miserabel, dass Brown Anfang September eine Sondersitzung des Kabinetts ansetzte.

Wenn es bei Labour so etwas wie eine Aristokratie gibt, dann ist die Miliband-Familie ein gutes Beispiel. Die Eltern, vor dem Faschismus nach England geflohene Juden, wurden in der neuen Heimat leidenschaftliche Sozialisten. Vater Ralph Miliband war ein für Labour in den 1960er- und 1970er-Jahren einflussreicher marxistischer Historiker. Mutter Marion Kozak, Akademikerin und Feministin, lud die sozialistische Intelligenzija zu Dinnerpartys ins Londoner Heim, bei denen Ed und David sich in Debatten mit Politikern wie Tony Benn oder Ken Livingstone übten.

Es sei unmöglich gewesen, so meinen die Brüder heute, sich bei solch einem Elternhaus nicht für Politik zu interessieren. Doch noch prägender war die Schulerfahrung. Aus solider Mittelklasse stammend, lernte das Miliband-Paar auf der Gesamtschule Haverstock, wo 64 verschiedene Sprachen gesprochen wurden, die soziale Wirklichkeit kennen. Dass talentiertere, aber ärmere Mitschüler aufgrund ihrer Herkunft nicht vorankommen konnten, hätte ihre politische Ausrichtung fürs Leben geprägt.

Beide Brüder gingen an die Elite-Universität Oxford. Während David hinterher einen Master als Kennedy-Stipendiat in Amerika machte, zog Ed mit einem Abschluss an der Londoner LSE nach. Der Ältere machte zuerst Parteikarriere. Tony Blair holte ihn als politischen Berater 1994 in sein Team. Als Direktor des Planungsstabes war David für die strategische Ausrichtung zuständig und arbeitete am Programm von "New Labour" mit.

Nachdem er 2001 ins Unterhaus gewählt wurde, begann der steile Aufstieg. Zuerst als Schul- und dann als Umweltminister beeindruckte er Kollegen. Im Sommer 2007 drängten ihn Parteifreunde, sich für die Nachfolge von Tony Blair zu bewerben. Miliband lehnte ab und wurde von Brown mit dem Außenamt belohnt.

Zugleich gelangte sein Bruder ins Kabinett. Ed hatte sich als Redenschreiber für die Labour-Politikerin Harriet Harman profiliert, bevor Brown das Talent entdeckte. Dieser warb ihn ab. 2005 ins Unterhaus gewählt, wurde Ed ein Jahr später Staatssekretär der Regierung Blair. Seine Loyalität gehört jedoch Brown. Sollte der Zweikampf zwischen seinem Bruder und dem Premier nicht mehr abzuwenden sein, wird sich Ed an die Seite des Schotten stellen.

Der setzt im Kampf gegen sinkende Umfragewerte auf Internetbotschaften. Im neuen Online-Kanal Number10TV sollen Reden, Pressekonferenzen und andere Auftritte des angeschlagenen Premiers zu sehen sein. (Jochen Wittmann aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.8.2008)