Peking/Paris - Die chinesische Polizei geht im Umkreis des Pekinger Olympiastadions inzwischen hart gegen Journalisten vor. Ein britisches Kamerateam wurde nach eigenen Angaben am Mittwoch gewaltsam an der Berichterstattung über eine pro-tibetische Kundgebung unweit der Sportstätten gehindert. Der Verband der Auslandskorrespondenten in Peking legte scharfen Protest ein. Nach Angaben der Veranstalter wurden acht Pro-Tibet-Aktivisten festgenommen. Während chinesische Journalisten eine Verschärfung der Zensur während der Olympischen Spiele beklagten, sprach sich der Dalai Lama bei einem Besuch in Paris gegen eine Isolierung Chinas durch die Weltgemeinschaft aus.
Der China-Korrespondent der britischen Fernsehgesellschaft ITN, John Ray, berichtete, er sei von Polizisten brutal zu Boden gerissen und in ein nahe gelegenes Restaurant geschleift worden. Beamte hätten ihn dort auf den Boden gedrückt und seien ihm auf die Hände getreten. Er sei 20 Minuten lang festgehalten und seine Ausrüstung sei beschlagnahmt worden. Bei der Pekinger Polizei war zunächst keine Stellungnahme erhältlich. Das chinesische Olympia-Komitee sagte, es prüfe den Vorfall.
Ray sagte, er habe versucht, den Polizisten auf chinesisch zu erklären, dass er ein britischer Journalist sei. Sie hätten ihn aber nicht einmal seine Ausweisdokumente zeigen lassen. "Ich möchte wissen, wie das zu Chinas Versprechen passt, dass wir während der Olympischen Spiele frei berichten dürfen", sagte der britische Korrespondent, dessen Hand sichtlich verletzt und dessen Kleidung nach dem Zwischenfall am Rücken völlig verdreckt war.
Auslandskorrespondenten fordern Entschuldigung
Der Verband der Auslandskorrespondenten (Foreign Correspondents Club/FCC) in Peking forderte die chinesischen Behörden auf, sich bei Ray zu entschuldigen, ihm seine Ausrüstung zurückzugeben und gegebenenfalls die Schuldigen zu bestrafen. "Der FCC ist entsetzt darüber, wie ein akkreditierter Journalist im Umkreis einer halben Meile um das Olympiastadion hier behandelt wurde", erklärte der Verbandsvorsitzende Jonathan Watts. Seit Eröffnung der Olympischen Spiele am 8. August verzeichnete das FCC fünf Zwischenfälle, bei denen Journalisten drangsaliert und von der Polizei an der Arbeit gehindert wurden.
Die pro-tibetische Protestaktion in der Nähe der olympischen Sportstätten wurde gewaltsam aufgelöst, kurz nachdem zwei Demonstranten ein Transparent mit der Aufschrift "Free Tibet" ("Freies Tibet") enthüllt hatten. Nach Angaben der "Students for a Free Tibet" handelte es sich bei den Festgenommenen um sechs US-Bürger, einen Israeli und einen Japaner. Bei pro-tibetischen Demonstrationen am Wochenende waren auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking mehrere ausländische Demonstranten festgenommen worden.
Die chinesischen Behörden gehen zudem gegen Bürger vor, die in einer der offiziellen Olympia-Demonstrationszonen protestieren wollen. Der chinesische Aktivist Ji Sizun sei verschwunden, nachdem er eine Protestaktion in einer der Demonstrationszonen beantragt habe, teilte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) mit. Der 58-Jährige wollte unter anderem Korruption und Machtmissbrauch anprangern. Drei Tage, nachdem er seinen Antrag eingebracht habe, sei er von Polizisten in Zivil abgeführt worden.
Wie ein Pekinger Journalist berichtete, gibt es in China während der Olympischen Spiele eine Anweisung, über keine Themen zu berichten, die der "nationalen Sicherheit" schaden. Die Vorschriften gingen sehr ins Detail - bis hin zur Anweisung, bei der Erwähnung mehrerer Offizieller in einer Meldung den ranghöchsten zuerst zu nennen. Das Olympia-Organisationskomitee BOCOG bestritt das jedoch. Die einheimischen Journalisten könnten frei über die Spiele berichten, sagte BOCOG-Generalsekretär Wang Wei am Mittwoch. Tatsächlich haben die chinesischen Medien in den vergangenen Tagen mehrere Ereignisse verschwiegen. So fanden sich in chinesischen Zeitungen keine Meldungen über die pro-tibetischen Proteste in Peking. (APA/dpa/AP)