Fred Sinowatz 1929-2008

Foto: STANDARD/Cremer

Die Republik, insbesondere die Sozialdemokratie, trauert.

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Wien - Seit Montagabend sind Parlament, Hofburg und Bundeskanzleramt schwarz beflaggt: Fred Sinowatz ist tot. Der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef erlag am Montag seiner Krankheit. Sinowatz befand sich bereits seit zwei Wochen in Spitalsbehandlung, vor einer Woche wurde er am Herz operiert, aber auch dieser Eingriff konnte ihm nicht mehr helfen.

Sinowatz war von 1983 bis 1986 Bundeskanzler. Der Historiker war der Nachfolger von Bruno Kreisky und hatte damit ein schweres Erbe anzutreten. Die Koalition mit der FPÖ war ungeliebt, in die Amtszeit Sinowatz fielen etwa die Konfrontation rund um das geplante Donaukraftwerk bei Hainburg, der Weinskandal, der immer weiter schwelende Konflikt Kreisky/Androsch, der berühmt-berüchtigte Händedruck Frischenschlager/Reder, die Intertrading-Affäre und schließlich der Präsidentschaftswahlkampf 1986.

Nach der Wahl des ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten im Jahr 1986 trat Sinowatz als Kanzler, zwei Jahre später auch als SPÖ-Chef und Nationalratsabgeordneter zurück. Der Präsidentschaftswahlkampf überschattete Sinowatz' politische Karriere, er wurde in der Causa "Waldheims braune Vergangenheit", wie mehrere andere SPÖ-Funktionäre, rechtskräftig wegen falscher Zeugenaussage verurteilt.

Den ersten der beiden Prozesse, die ihn auch noch im politischen Ruhestand verfolgten, strengte Sinowatz selbst an, und zwar gegen den profil-Journalisten Alfred Worm, weil dieser geschrieben hatte, dass Sinowatz in einer Sitzung des burgenländischen SP-Vorstandes vom Oktober 1985 von der "braunen Vergangenheit" des damaligen Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim gesprochen habe. Dieses Verfahren wurde mit einer "Ehrenerklärung" Worms im April 1988 abgeschlossen. Nachdem Worm damit freigesprochen war, wurde aber die Staatsanwaltschaft aktiv: Wegen falscher Zeugenaussage wurde Sinowatz - rechtskräftig seit Juni 1992 - zu einer Geldstrafe von 360.000 Schilling verurteilt. In der Folge erhielten sieben weitere burgenländische SP-Politiker, die ausschlossen, dass die "Waldheim" -Äußerung gefallen sei, Geldstrafen.

Tief getroffen war Sinowatz von der Noricum-Anklage gegen ihn, Ex-Außenminister Leopold Gratz und Ex-Innenminister Karl Blecha wegen Amtsmissbrauchs und Neutralitätsgefährung. Er wurde schließlich freigesprochen.

Geboren wurde Sinowatz im burgenländischen Neufeld, wo er auch bis zuletzt zurückgezogen wohnte und sich seinen historischen Studien widmete.

In seinem letzten Interview bescheinigte Sinowatz auf derStandard.at Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, dass dieser "unter seinem Wert geschlagen wird". Kritik übte er an seiner Partei: "Der SPÖ fehlt die Vision. Und die kommt nur durch Diskussion in der Partei." In Werner Faymann als SPÖ-Chef setzte Sinowatz Hoffnung: "Er ist ein Politiker unserer Zeit: sehr beweglich, sehr modern." Abgelehnt wurde von ihm eine weitere Ausgrenzung der FPÖ. (red/DER STANDARD, 12.8.2008)