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Der russische Militärkonvoi, der am Mittwochnachmittag auf der Straße Gori-Tiflis unterwegs war, ist mittlerweile abgebogen und fährt auf der alten Militärstraße Richtung Russland.

Foto: Getty/Uriel Sinai

Außerhalb Goris brannte am Mittwoch ein georgisches Armeegebäude, das erst kürzlich fertigestellt wurde und NATO-Standards entspicht. Angeblich zerstört die russische Armee dort Militäreinrichtungen.

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Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und sein georgischer Amtskollege Michail Saakaschwili präsentieren am frühen Morgen in Tiflis das Ergebnis der Verhandlungen.

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Auf dem Hauptplatz von Gori schlugen am Dienstag Artilleriegschoße ein.

Die Granaten, die in der georgischen Stadt einschlugen, töteten fünf Menschen und beschädigten mehrere Fahrzeuge.

Tiflis - Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat einer abgeänderten Fassung des von der EU vermittelten Friedensplans für den Südkaukasus zugestimmt. Dieser Plan sei die Basis für eine UN-Resolution, sagte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstagabend in Tiflis. Dieser Vereinbarung zum Trotz sollen am Mittwoch laut georgischen Angaben erneut russische Panzer in der georgischen Stadt Gori eingerückt sein. Moskau dementiert dies allerdings.

Auf georgischen Wunsch wurde in dem Friedenspapier die Formulierung gestrichen, dass es eine internationale Diskussion über den "künftigen Status" von Südossetien und Abchasien geben solle. Beide Gebiete gehören offiziell zu Georgien, wollen aber lieber zur Russischen Föderation gehören. Ein Großteil der Einwohner hat die russische Staatsangehörigkeit.

Lawrow will internationale Gespräche zu Südossetien und Abchasien

Der russische Präsident Dmitri Medwedew habe dies bereits akzeptiert, sagte Sarkozy. "Die Sorge Georgiens um die territoriale Einheit ist im Geist des Textes enthalten", betonte Sarkozy, der als EU-Ratsvorsitzender seit Tagen zwischen Georgien und Russland vermittelt hat. Dennoch formulierte Außenminister Lawrow Bedingungen für einen Abzug russischer Truppen aus Georgien und fordert entgegen der Friedensvereinbarung internationale Gespräche über den künftigen Status der abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien. Die Sicherheit der beiden Regionen könne "unmöglich" unabhängig von ihrem Status geregelt werden, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Moskau.

Russische Friedenstruppen

Russland habe Georgiens Wunsch, den ursprünglich enthaltenen Abschnitt zu internationalen Beratungen über die Statusfrage zu streichen, nur zugestimmt, weil dies "im Grundsatz nichts ändert". Lawrow formulierte zudem die Bedingung, vor einem Abzug der russischen Truppen aus Georgien müssten die georgischen Soldaten in ihre Kasernen zurückkehren. Die russischen Soldaten, die als Teil der Friedenstruppen in Süossetien seien, würden weiter dort bleiben.

Lawrow wies zugleich die US-Kritik am russischen Vorgehen in Russland zurück. Das Eingreifen sei eine "Friedensmission" gewesen, was auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy bei seinem Besuch in Moskau bestätigt habe, sagte der russische Außenminister nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Die US-Regierung hatte Moskau zuvor vorgehalten, sich durch die "Invasion" als stabilisierender Faktor in der Region diskreditiert zu haben.

Der Friedensplan sieht vor, dass beide Seiten auf Gewalt verzichten, ihre Truppen zurückziehen und Helfern den Zugang zu den Opfern ermöglichen. Die russischen Friedenstruppen, die seit Mitte der 90er Jahre mit einem Mandat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in Südossetien stationiert sind, verpflichten sich zu "zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen" in Südossetien. Es handelt sich um eine Prinzipienerklärung, die nicht eigens unterzeichnet wurde.

Kein russischer Vorstoß nach Tiflis

Eine Kolonne russischer Panzer und Truppentransporter, die von Gori aus in Richtung Tiflis unterwegs war, ist laut Washington Post mittlerweile auf eine alte Militärstraße abgebogen und befindet sich auf dem Weg zurück nach Russland.

Russische Soldaten haben Augenzeugen zufolge mindestens zwei Kontrollpunkte am Rand der georgischen Stadt Gori errichtet. Die Soldaten hätten eine verlassene Artilleriestellung besetzt, die etwa fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt sei, hieß es am Mittwoch. Ein Reuters-Kameramann berichtete von einem zweiten Kontrollpunkt an einer zur Hauptstadt Tiflis führenden Straße.

Augenzeugen widersprechen Saakaschwili

Ein Zeuge berichtete, in Gori seien keine fremden Soldaten. "Ich war überall in der Stadt. Keine Panzer, keine Russen." Auch das russische Militär und das Außenministerium bestritten georgische Vorwürfe, mit Angriffen auf die Geburtsstadt des sowjetischen Diktators Josef Stalin Gori den am Dienstag von Frankreich vermittelten Waffenstillstand verletzt zu haben. Es seien keine russischen Soldaten in der Stadt.

Dagegen sagte der georgische Präsident Micheil Saakaschwili: "Während ich spreche, greifen russische Panzer Gori an." Ähnlich äußerte sich in Brüssel Außenministerin Ekaterine Tkeschelaschwili und forderte den Einsatz von EU-Friedenstruppen.

Die russische Armee dementierte diese Angaben umgehend. Es befinde sich keine russische Einheit in Gori, teilte der Generalstab der russischen "Friedenstruppen" der Nachrichtenagentur Interfax mit. Auch die in Gori anwesenden Journalisten westlicher Medien, darunter CNN, haben keine russischen Panzer gesehen. BBC meldet, dass die Russen georgische Militäreinrichtungen außerhalb der Stadt demolieren und berichten von Plünderungen in Gori.

Die georgischen Truppen in Abchasien haben nach Angaben eines Kabinettsministers inzwischen die abtrünnige Region komplett verlassen. Die Soldaten seien von russischen Soldaten vertrieben worden, sagte Minister Temur Jakobaschwili am Mittwoch. Ein russischer General hatte zuvor erklärt, dafür seien Separatisten in Abchasien verantwortlich gewesen.

Der US-Kaukasus-Beauftragte Matthew Bryza warf indes südossetischen Freischärlern vor, Gewalttaten an der Zivilbevölkerung zu verüben. Es gebe ernstzunehmende Berichte über anhaltende Brandstiftungen in Dörfern, Schießereien und Morde, sagte Bryza am Mittwoch in Tiflis. Auch die Georgien-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilte mit, es gebe "weiter beunruhigende Berichte" über "ethnische Säuberungen" in Georgien.

Gegenseitige Vorwürfe

Ungeachtet der Friedensbemühungen warfen sich beide Seiten erneut "ethnische Säuberungen" in der Krisenregion vor. Saakaschwili sagte, die russische Armee habe ein Krankenhaus bombardiert und zahlreiche Zivilisten getötet.  Außerdem sprach er von russischen "Flächenbombardements" auf die südossetische Hauptstadt Zchinwali und warf den Russen vor, "Intenrierungslager" zu errichte.n Medwedew betonte seinerseits, dass Georgien sich bisher nicht an den angekündigten Waffenstillstand gehalten habe.

Sarkozy zeigte sich stolz, dass die Europäische Union in der Krise eine führende Vermittlerrolle eingenommen habe. "Wir können nicht alle Probleme auf einmal lösen", sagte Sarkozy, der zuvor mehrere Tage lang aus der Ferne intensiv mit seinen Amtskollegen in Moskau und Tiflis verhandelt hatte. "Wir befinden uns in einer Notsituation", fügte er hinzu.  (APA/dpa/AP/red)