Belgrad - Knapp zwei Jahre nach der Beendigung der mehrmonatigen zwischenethnischen Konflikte spitzt sich in den drei südserbischen Kommunen Presevo, Bujanovac und Medvedja mit vorwiegend albanischer Bevölkerung die Situation erneut zu. An die 7.000 Albaner hatten am gestrigen Mittwoch die Freilassung von sieben Landsleuten in Presevo gefordert. Sie waren bei einer Polizeidurchsuchung im Dorf Veliki Trnovac und der naheliegenden Stadt Bujanovac am 8. Februar wegen gesetzwidrigen Waffenbesitzes und Terrorismusverdachtes festgenommen worden.

Bei dem Großprotest in Presevo ging es allerdings nicht nur um die Freilassung von festgenommenen Albanern. Die Demonstranten hatten sich nämlich auch auf die Ergebnisse eines im Frühjahr 1992 unter der albanischen Volksgemeinschaft in den drei Kommunen abgehaltenen (offiziell nicht anerkannten) Referendums berufen, wonach Presevo, Bujanovac und Medvedja an den Kosovo angeschlossen werden sollen. Es handelt sich um die Forderung, die bereits vor zwei Jahren seitens albanischer Extremistengruppen aus der "Befreiungsarmee von Presevo, Medvedja und Bujanovac" als Hauptziel ihres Kampfes gegen die serbischen Sicherheitskräfte angegeben worden war.

"Dummheit"

Der serbische Vizeministerpräsident Nebojsa Covic, dem als Regierungskoordinator für Südserbien auch Verdienste für die Krisenbewältigung im Frühjahr 2001 zukommen, hat indes einen eventuellen "Anschluss" der drei Kommunen an das Kosovo als "Dummheit" völlig ausgeschlossen. Man werde die Umsetzung von Reformprozessen in Südserbien fortsetzen, vom "Anschluss" der drei Kommunen an das Kosovo könne aber keine Rede sein, wurde Covic am heutigen Donnerstag vom Sender "B-92" zitiert.

Bei den sieben festgenommenen Albanern handelt es sich seiner Ansicht nach nur um die "klassische Kriminalität" - Raubzüge, Erpressungen und Gewalt. "Dies hat mit der politischen Lösung der Situation nichts zu tun und ist mit den persönlichen Interessen und dem Versuch der Kriminellengruppen verbunden, an die Macht zu kommen", meinte Covic.

Kriminellengruppen, die vor zwei Jahren durch Straßensperren in der Region reichlich Geld einkassiert hätten - 250 Euro pro Personenwagen, 400 Euro pro Lkw und 1.000 Euro pro Sattelschlepper -, hätten das Geld inzwischen verbraucht und seien nun bemüht, die Verkehrswege erneut unter ihre Kontrolle zu bringen, kommentierte Covic die Berichte, wonach am Verkehrsweg, der Presevo mit der Ostkosovostadt Gnjilane verbindet, erneut schwarz gekleidete, bewaffnete Albanergruppen aufgetaucht seien.

Medienberichte über bewaffnete Albanergruppen, die sowohl im Kosovo als auch in Nordwestmazedonien gesichtet worden seien, kursieren in den albanischen, aber auch serbischen und mazedonischen Medien seit etwa zwei Wochen.

Seit Jahresbeginn sind in Südserbien nach Polizeiangaben bereits drei ernste Zwischenfälle registriert worden. Am 4. Februar war ein albanischer Angehöriger der serbischen Sicherheits- und Informationsagentur (BIA, früher Staatssicherheitsdienst) von Unbekannten ermordet worden, gleich danach folgte auch ein Bombenanschlag auf das Wohnhaus eines serbischen Polizisten in Bujanovac. Eine ethnisch gemischte Polizeistreife war wenige Tage zuvor von einer Albaner-Gruppe, angeblich unter Anführung des einstigen Befehlshabers der aufgelösten "Befreiungsarmee von Presevo, Medvedja und Bujanovac" (UCPMB) Shefqet Musliu, in ein Friseurgeschäft eingesperrt und verprügelt worden. Musliu, der vor knapp zwei Jahren in die Kosovo-Kleinstadt Gnjilane übersiedelt sein soll, hält sich Medienberichten zufolge aber weiterhin häufig in Bujanovac auf.

Der gestrige Protest in Presevo war von der kleinen albanischen "Bewegung für den Demokratischen Fortschritt" einberufen worden. Ihr Leiter Ohran Rexhepi hatte die Belgrader Behörden beschuldigt, sich nicht vom Regime von Slobodan Milosevic zu unterscheiden. Rexhepi hatte gar ein Gleichheitszeichen zwischen Covic und Milosevic gesetzt. (APA)