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Das chronologische Alter in Jahren muss nicht zwangsläufig mit dem biologischen Alter übereinstimmen.

Foto: AP/The Indianapolis Star, Danese Kenon

Ulm - Der Prozess des Alterns verläuft fortdauernd, allerdings von Person zu Person mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das biologische Alter ist deshalb schwer zu bestimmen. Die deutschen Wissenschafter Lenhard Rudolph und Hong Jiang von der Max-Planck-Forschungsgruppe für Stammzellalterung in Ulm wollen jetzt jedoch objektive Kriterien gefunden haben: bestimmte Markerproteine, die sich auch im Blut nachweisen lassen.

Der Hintergrund: Viele ältere Patienten leiden an altersassoziierten Erkrankungen, den Medizinern fällt es häufig schwer einzuschätzen, welche Therapien einem alten Menschen zugemutet werden können. Denn: Das chronologische Alter in Jahren muss nicht zwangsläufig mit dem biologischen Alter übereinstimmen.

"Viele ältere Patienten besitzen ein sehr gutes Regenerationsvermögen, besser sogar als manche Jüngeren", sagte Lenhard Rudolph, der Leiter der Studie. Mit seiner Doktorandin Hong Jiang machte er sich deshalb auf die Suche nach Biomarkern, die Hinweise auf das biologische Alter eines Menschen liefern. Unterstützt wurden die beiden Max-Planck-Forscher bei ihrer Suche von Harald Mischak von der Firma Mosaiques Diagnostics.

Seit langem ist bekannt, dass die Telomere, die Endstücke der menschlichen Chromosomen, ein ziemlich guter Marker für die Zellalterung sind. Sie sind notwendig, um das Chromosom stabil zu halten und gleichzeitig abzuschirmen. Telomere verkürzen sich jedoch bei jeder Zellteilung um 50 bis 200 Basenpaare - im Verlauf des Älterwerdens werden sie schließlich so kurz, dass ihre Schutzfunktion verloren geht.

Instabile Chromosomen

Die Folge: Die Chromosomen werden instabil und die Zelle verliert irreversibel ihre Teilungsfähigkeit. Wissenschafter konnten mittlerweile nachweisen, dass darin ein Auslöser der Zellalterung liegt. Hinzu kommen noch DNA-Schäden. Doch hier lässt sich schon viel schwerer bestimmen, was sie eigentlich bewirken.

Rudolph und Jiang entdeckten aber, dass die Verkürzung der Telomere und DNA-Schäden, die sie in ihrer Studie durch radioaktive Strahlung ausgelöst hatten, zu einer überlappenden Reaktion in den menschlichen Zellen führen: In den betroffenen Zellen kommt es in beiden Fällen zu einer Freisetzung von ganz bestimmten Proteinen: CRAMP, Stathmin, EF-1alpha und Chitinase.

Dass diese Proteine, die von Knochenmarkzellen gebildet werden, nach zwei unterschiedlichen Schadensereignissen im Organismus entstehen, macht sie für Laboruntersuchungen interessant. Es ließen also einfache Tests entwickeln. "Eine interessante Beobachtung war, dass die gleichen Proteine auch im menschlichen Blut gemessen werden können und ein deutlicher Anstieg im Rahmen der Alterung und bei altersassoziierten Erkrankungen nachweisbar ist", fasste Rudolph zusammen.

Therapien auf biologisches Alter abgestimmt

So zum Beispiel war die Konzentration der genannten Proteine im Blut bei Leberzirrhose oder Bluterkrankungen erhöht. Außerdem ließen sich in Blind-Tests junge Menschen von alten Menschen unterscheiden. Auch bei chronischen Entzündungen sind diese Marker vermehrt im Blut zu finden.

Die Max-Planck-Forscher hoffen nun auf den Einsatz ihrer Biomarker in der Klinik. Denn Therapien könnten dann individuell auf das biologische Alter der Patienten angepasst und so bessere Therapieergebnisse erzielt werden. Doch die Biomarker haben noch mehr drauf, wie Rudolph erklärt: "Sie könnten auch genutzt werden, um Verhaltensmaßnahmen, Nahrungszusätze und pharmakologische Therapien zur Verzögerung von Alternsvorgängen zu testen." (APA/red)