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Hugh Hefner.

Reuters/Prouser

Stellen Sie sich vor, Sie landen nach einem langen, arbeitsreichen Tag, nachdem Sie die Kinder ins Bett gebracht haben, nach dem Durchzappen unendlich vieler mieser TV-Programme beim - aus Rücksicht auf den sensiblen Kinderschlaf - tonlosen Betrachten von Musikvideos auf Go-TV, MTV oder Viva. Der großteils akustische Sondermüll decouvriert, disqualifiziert sich angesichts der dargebotenen Hüftschwünge und Gesten ohne Ton noch klarer.

Und unversehens findet man sich plötzlich in der Doku-Soap "The Girls of the Playboy Mansion" wieder. Der Plot in Kurzfassung: Die drei (derzeit) favorisierten Gespielinnen des mittlerweile 82-jährigen Playboy-Herausgebers Hugh Hefner umgarnen leicht bekleidet den immer im seidenen Morgenmantel flanierenden Connaisseur blanker Tatsachen, posieren vor Kameras, müssen sich schminken, pflegen, Autogramme geben, sich um ihre Hündchen und Pussy-Kätzchen kümmern, Weihnachten im Kunstschnee verbringen; schlicht: Sie versuchen den beschwerlichen Alltag zwischen Pool, Party und Fitness-Studio im Playboy-Anwesen in Hollywood als Average-Girl zu meistern. Zwischendurch befinden sie sich auf einer Endlosschleife durch die Umlaufbahn des Hefner-Universums, in unendlicher Naivität, auf Reisen zwischen Las Vegas und diversen europäischen und amerikanischen Metropolen.

Buch zur Serie

Das Buch zur Serie hingegen räumt auch durchwegs gesellschafts- und kulturhistorische Aspekte des Magazins ein, lässt die Playboy-Historie seit 1954 Revue passieren. Eine Geschichte aus Prohibition und Auflehnung, Verweigerung und Aufklärung. Eines der dümmsten Argumente für den Kauf eines Playboy-Heftes war von jeher schon die Lektüre der Texte und Interviews, wenngleich die Sammlung an Porträts Präsidenten, namhafte Schriftsteller, Filmschaffende und andere Künstler umfasst. Unausweichlich aber die Präsentation diverser Ikonen der Erotik, angefangen bei Marilyn Monroe, Jane Mansfield, Ursula Andress, Cindy Crawford, der unvermeidbaren Pamela Anderson bis hin zum gesichtslosen No-Name-Bunny.

Neben artifiziellen Versuchen der Erotik namhafter Fotografen und Erotomanen wie Helmut Newton, Sante d'Orazio et alii illustriert der opulente Band auch die Einmaligkeit des Centerfolds vom verschämten Dessous-Pin-up bis zur detaillierten Präsentation modehistorischer und schamhaarfrisurtechnischer Entwicklungen.

Ein durchaus langes Kapitel beschäftigt sich auch mit à priori nicht zu erwartenden und gegenwärtigen gesellschaftspolitischen, teils subversiven Ambitionen und Einflüssen des Magazins während des Vietnam-Krieges oder den studentischen Hippie-Bewegungen der sich verändernden USA der späten 60er-Jahre.

Groteskes Detail der TV-Serie sind die vom US-Markt bestimmten Zensuren, Überblendungen und Retuschen allzu nackter Pikanterien. Amüsant ist die Doku-Soap in ihrer bizarren hedonistischen Dekadenz und ihrer unfreiwilligen Decouvrierung der Saturiertheit einer männlich dominierten Gesellschaftsfantasie. Unfassbar und jenseitig. Apropos: Eines bleibt aber (neidlos) zu konstatieren: "Hef" befindet schon Zeit seines Lebens im Himmel. (Gregor Auenhammer/DER STANDARD; Printausgabe, 13.8.2008)