Peking - Der Auftritt des kleinen singenden Mädchens bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele hat viele Zuseher gerührt und nun einen Skandal hervorgerufen.
Die Organisatoren haben zugegeben, dass die kleine entzückende neunjährige Lin Miaoke nur die Lippen bewegte. Die wirkliche Sängerin mit der bezaubernden Stimme war ein kleines siebenjähriges Mädchen namens Yang Peiy, die für die Organisatoren zu hässlich war. Obwohl sie in Wahrheit nur die Lippen bewegte, wurde die Neunjährige am Dienstag noch von der staatlichen Zeitung "China Daily" als "Singvogel Lin" gefeiert, der auf dem Weg zu großem Ruhm sei. Am Mittwoch aber schwieg auch diese Zeitung zu der Affäre.
Eine Frage von nationalem Interesse
Die Anordnung, statt der kleinen Yang mit den schiefen Zähnen die zwei Jahre ältere Lin Miaoke im Olympia-Stadion auftreten zu lassen, kam von ganz oben. Das Mädchen sei den Parteifunktionären zu hässlich gewesen, enthüllte der Musikdirektor der Eröffnungsfeier, Chen Qigang. "Von der Stimme her war Yang Peiyi perfekt, aber ihr Aussehen hat nicht gepasst. Yang Peiyiist ist dick und ihre schiefen Zähnen hätten ein schlechtes Bild abgegeben. Die neunjährige Lin Miaoke hingegen war vom Aussehen perfekt. Wir wollten das perfekte Image bieten", sagte derMusikverantwortliche der Veranstaltung, Chen Qigang der Nachrichtenseite Sina.com.
"Das war eine Frage von nationalem Interesse. Das Kind musste gut vor der Kamera aussehen und expressiv sein", erklärte Chen. Deshalbsei Lin Miaoke als schönes Double ausgewählt. "Sie war perfekt für die Bilder", so Chen Qigang
Artikel im Internet verschwunden
Tags darauf fehlt von diesem Interview im chinesischen Internet jede Spur. Auch die Presse und die Fernsehstationen des Landes schweigen sich am Mittwoch zu dem Thema aus. Nirgends taucht nur ein Hinweis auf die "falsche" Sängerin der "Ode an das Vaterland" auf. Internetseiten mit der Geschichte wurden gesperrt oder gelöscht. "Wir wissen davon nichts", sagt ein Vertreter des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie, das offiziell für das Internet in China verantwortlich ist. Eine mögliche Kontrolle der Medien durch die Führung in Peking will er nicht kommentieren. Und auch seinen Namen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen.
Größtmöglicher Effekt
Die Entscheidung, statt Yang die neunjährige Lin in das Rampenlicht zu rücken, stellen die Olympia-Organisatoren trotz aller Kritik von außen nicht in Frage. "Ich sehe nichts Falsches dran", sagte der Vizepräsident des Pekinger Organisations-Komitees, Wang Wei. Yang sei ersetzt worden, um "zum Nutzen der gesamten Aufführung, der ganzen Eröffnungszeremonie den größtmöglichen theatraler Effekt" zu erzielen.
"Man muss sicher gehen, dass die Darsteller und der Song auf dem höchsten Level sind", sagte auch IOC-Geschäftsführer Gilbert Felli vor Journalisten - und gab den Chinesen damit nachträglich den Segen des Internationalen Olympischen Komitees. Auf die Frage, wie Yangs Eltern der Siebenjährigen die Entscheidung wohl erklärt haben, antwortete Felli nur lapidar: "So ist das nun einmal - im Sport und im Leben."(APA)