Beim Zensurwettlauf haben die Chinesen das IOC ein wenig distanziert. Ein Zeuge dafür ist der britische Journalist John Ray. Eine Armee aus Polizisten und Spezialkommandos bewacht die Spiele. Und die Regierung.
Indem er wie andere ausländische Journalisten auch kaum einen Kilometer vom Olympiastadion entfernt am Eingang des Parks der ethnischen Minderheiten versuchte, eine kleine Gruppe von Demonstranten zu filmen. Sie versuchten, ein Banner mit dem Schneelöwen Tibets zu entfalten. Ray wurde von mehreren Polizisten niedergerungen, in ein Polizeiauto verfrachtet und befragt. 30 Minuten später wurde er, geschockt aber unverletzt, freigelassen. Er soll versucht haben, eine tibetische Fahne zu entfalten, was Ray empört dementiert. Bei den Unruhen in der autonomen Provinz Xinjiang, rund 3000 Kilometer östlich von Peking gelegen, sterben Menschen. Als zwei japanische Journalistinnen versuchten, darüber zu berichten, wurden sie polizeilich verprügelt.
Europa und seine Fußballer müssen immer aufpassen, nicht von Trümmern des in den 1990ern explodierten Ostens getroffen zu werden. 1992 komplimentierte die Uefa wegen des Balkankonflikts die Jugoslawen aus der EM. Vor Tagen haben russische Bomben die Austrianer von Georgien und dem Uefa-Cup-Spiel ferngehalten.
Lügen die Anzeichen, oder werden im Licht der Sommerspiele die ersten Ermüdungsrisse in der chinesischen Sonne sichtbar? Mit Maos berühmter Selbstkritik ist ja nicht mehr zu rechnen. (DER STANDARD Printausgabe, 14./15.8.2008)