Die Wahrscheinlichkeit, in den heimischen Wäldern einen Braunbären zu treffen, ist etwa so hoch wie jene, dem Papst beim Schwammerlsuchen zu begegnen. Aus zwei guten Gründen: Einerseits sind Braunbären sehr scheue Tiere, andererseits leben hierzulande gerade einmal noch zwei Exemplare. Problem Nummer eins liegt in der Natur des Bären, Nummer zwei ist eindeutig hausgemacht.
Österreich scheint beim Thema Artenschutz etwas gehörig missverstanden zu haben. Nicht die - immerhin laut EU-Richtlinie verpflichtende - Arterhaltung einer vom Aussterben bedrohten Tierart steht hier im Vordergrund, vielmehr werden jegliche Versuche einer Bären-Wiederansiedlung im Keim erstickt. Passiert hier nicht rasch ein Umdenken, so hat Österreich wohl ein EU-weit einzigartiges "Bravourstück" in Sachen Artenschutz hingelegt und den Braunbären in Österreich zum zweiten Mal aussterben lassen.
Es müsse zuerst einmal das Verschwinden von 33 Bären geklärt werden, bevor man neue Tiere ansiedle, lautet ein überstrapaziertes Gegenargument. Eine 100-prozentige Aufklärungsquote wird aber nicht zu erreichen sein und braucht es auch nicht. Denn die Gründe sind längst bekannt: Abwanderung, eine natürliche Mortalität und - auch wenn jetzt die gesamte Jägerschaft aufschreit - illegale Abschüsse. Fakt ist: Von den zweijährigen Braunbären sterben in Österreich doppelt so viele wie etwa in Schweden. Da noch abzustreiten, dass manch einer bei einer Bärenbegegnung statt der Kamera die Flinte zückt, ist lächerlich.
Mühsam wiederangesiedelt, jetzt beinahe ausgerottet und vielerorts einfach auf ein Problem reduziert: Man ist weit davon entfernt, stolz darauf zu sein, Heimat für ein in Mitteleuropa so selten gewordenes Raubtier zu sein und für ein gedeihliches Miteinander zwischen Mensch und Braunbär zu sorgen - eigentlich ein Armutszeugnis für ein umweltbewusstes Land wie Österreich. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15. August 2008)