In exzellenter Form – Krystian Zimerman.

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Salzburg - Sie komponierte in Polen zur Zeit der stalinistischen Gängelung, konnte sich als Komponistin innerhalb der Grenzen des "Erlaubten" Ausdrucksfreiräume schaffen und als Geigenvirtuosin bis in die Mitte der 50er-Jahre eine internationale Solistenkarriere verfolgen. Grazyna Bacewicz (1909-1969) kennenzulernen, war nicht nur eine interessante Erweiterung des Horizonts, Krystian Zimerman spielte ihre virtuose Klaviersonate Nr. 2 auch mit mitreißender Spannung und Brillanz.

Zudem: Mit großer Geste und fein differenziertem Ton führte er in eine Klangwelt, in der sich französisch geprägter Neoklassizismus und polnische Folklore zu einem schillernden Amalgam pianistischer Emphase verbinden. Kein "zeitgenössisches" Werk, aber auch kein neoromantischer Kitsch. Im Gegenteil: Der Umgang der Komponistin mit dem ganzen pyrotechnischen Lager an pianistischen Raketen, Knallern und Funken ist differenziert und ausbalanciert, die Effekte werden gekonnt abgefeuert und nicht ausgewalzt. Und Zimerman ist dafür natürlich der richtige Feuerwerker.

Ebenso mitreißend spielte er die Variationen über ein polnisches Volksthema h-Moll op. 10 von Karol Szymanowski: Ausgehend von einer elegischen Einleitung und einem schlichten gesanglichen Motiv, spannte er die zehn Variationen als einzigen großen Bogen in den Raum - der angesichts dieser Farbkraft und Intensität in der Tongebung zu vibrieren schien. Getragen wurde dieses Meisterstück von einem souveränen tiefen Grundatem, der Gedanken an oberflächliches Virtuosentum erst gar nicht aufkommen ließ. Bei den fein perlenden Läufen schienen die "Perlenschnüre" aus winzigen funkelnden Rohdiamanten zu bestehen - so scharf geschliffen und präzise konturierte Zimerman selbst die kleinsten Noten. Die mächtigsten Akkorde waren kein billiger Donner, sondern erzählten von Macht und Größe, die zu Ruhe und Frieden zu finden wusste.

Es knarzte in diesem "Feuerwerksteil" der Flügel nie, während bei Bachs Partita Nr. 2 c-Moll BWV 826 und bei Beethovens Pathétique die Mechanik mehrmals aufstöhnte. Die Partita und die eher unorganisch atmende Pathétique waren mit den ersten Takten Bacewicz vergessen - und nichts spricht dagegen, von einem grandiosen Konzert zu sprechen. (Heidemarie Klabacher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.8.2008)