London - Künstler? Nein, Damien Hirst versteht sich selbst als Label und hat entsprechendes Vermarktungstalent. Dagegen sehen sogar seine beiden Galeristen Jay Jopling (White Cube / London) und Larry Gagosian (New York) blass aus. Ja, die machen zitierte gute Miene zum ungezogenen Spiel. Auf den ersten Blick wälzt sich Hirst über jedes Regelwerk hinweg, auf den zweiten ist es eine Mischung aus Koketterie und Konzept und damit auch irgendwie ein Akt der Kunst.

Die Ironie: Vor dem nun auch schon legendären Deal rund um den 2007 mit Diamanten besetzten Totenschädel (For the Love of God), den er als Teil einer Investorengruppe für 75 Millionen Euro (zurück)erwarb, zählte Hirst selbst zu den schärfsten Kritikern solcher Mechanismen.

Als Charles Saatchi seine Sammlung des Young British Artist wieder auf den Markt schmiss, nörgelte Hirst, Saatchi glaube, "dass er den Wert von Kunst mit seiner Kaufkraft beeinflussen kann". Nun tut es Damien selbst. Anders ausgedrückt: Der erzielte und den Markt ausreizende Preis wird zum wesentlichen Bestandteil des Kunstwerks. Damien Hirst ist im Laufe der Jahre zu einem selbstbewussten und ernstzunehmenden Protagonisten des globalen Kunstmarktes avanciert. Sein jüngster Coup: Der Künstler selbst fungiert als Einbringer.

Am 15. und 16. September lässt er bei Sotheby's in London 223 seiner Werke versteigern. Sie kommen mehr oder weniger direkt aus der Produktion. Für die frischesten Zeichnungen liegt sein Preislimit irgendwo zwischen 15.000 bis 20.000 Pfund, insgesamt sollen zumindest 65 Millionen Pfund oder umgerechnet 82,54 Millionen Euro eingespielt werden. Das Angebot inkludiert auch jüngere Adaptionen seiner Schlüsselwerke, darunter The Golden Calf für das er um die zwölf Millionen Pfund (15,24 Millionen Euro) erwartet. Das biblisch überlieferte Götzenbild ist die Hauptattraktion und der darum abgehaltene redensartliche Tanz - als Sinnbild für eine Verehrung von Reichtum und Macht - weniger eine Auktion als eine perfekt inszenierte Performance.

Angst, dass der Markt für eine solche Hirst-Fülle nicht die notwendige Kapazität aufweist? Lächerlich. Denn eines hat Gagosian bereits im Vorfeld klargestellt - "er kann sicher auf uns zählen, wir werden mit einer Bieternummer in der Hand im Saal sein", ließ man via Sotheby's-Presseaussendung wissen. Noch vor Jahren galt derartige Nachhilfe offiziell noch als verpönt. Mittlerweile sind Stützungskäufe der eigenen Galeristen salonfähig geworden. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.8.2008)