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Die Stimmung trübt sich ein: Zwar ist Österreichs Wirtschaft im zweiten Quartal mit einem Plus von 0,4 Prozent noch gewachsen, aber deutlich langsamer als im ersten Quartal, die Konjuktur befinde sich "im Abschwung".

Foto: AP/Probst

Wien - Österreichs Wirtschaft ist im 2. Quartal - anders als etwa die deutsche - noch gewachsen, allerdings bereits deutlich schwächer. Im Quartalsabstand erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,4 Prozent, nach noch 0,6 Prozent im 1. Quartal, und im Jahresabstand verringerte sich das BIP-Plus laut Wifo von 2,7 auf 2,0 Prozent. Die heimische Konjunktur sei nun "im Abschwung", erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Donnerstag. Die deutliche Wachstumsabschwächung gegenüber den Vorquartalen spiegle die Wirkungen des internationalen Konjunkturabschwungs auf Export und Industrieproduktion wider.

Der Konjunkturaufschwung, der im Jahr 2004 eingesetzt habe, sei zu Ende. Die Konsumnachfrage könne sich vor dem Hintergrund hoher Inflation und rückläufiger Realeinkommen nicht erholen. Hingegen würden die Bauwirtschaft und der Tourismus die heimische Konjunktur stabilisieren. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei im Vergleich mit dem Vorjahr noch sehr günstig, allerdings gebe es bereits klare Hinweise auf eine Trendwende, erklärt Wifo-Experte Markus Marterbauer.

Trotz der Abschwächung des BIP-Wachstums in Österreich im 2. Quartal - und sogar einem Schrumpfen der Volkswirtschaften in Deutschland und der Euro-Zone insgesamt - steht unserem Land keine Rezession bevor, sagten Wifo-Experten am Donnerstag.

Gegen Jahresende hin werde es "eine Stagnation" geben, "aber keine Rezession", sagte Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstitut in der Mittags-"ZiB" des ORF-Fernsehens. Davor hatte auch Wifo-Experte Markus Marterbauer im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radio derartiges für Österreich ausgeschlossen: Das Wachstum könnte sich weiter verschlechtern, "wir prognostizieren aber keine Rezession".

Auslöser USA

Die internationale Konjunkturabschwächung sei von den USA ausgegangen und habe sich - verstärkt durch den hohen Euro-Kurs und den merklichen Anstieg der Verbraucherpreise im Frühsommer - auch auf den Euro-Raum übertragen, erinnerte Marterbauer am Donnerstag. Nun mache sich die Abschwächung auch in Österreich bemerkbar.

Die Trendwende zeigt sich laut Wifo zuerst in der exportierenden Industrie. Der Export übertraf den Wert des Vorquartals im 2. Quartal saisonbereinigt real um 0,9 Prozent, gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 4,6 Prozent (Güterexport +5,4 Prozent). Die Ausfuhr wuchs damit nur noch halb so rasch wie vor einem Jahr. Verhalten war die Nachfrage aus dem Euro-Raum, und der Absatz in den USA war wegen der Schwäche der dortigen Binnennachfrage sogar rückläufig.

In der heimischen Sachgütererzeugung expandierte die reale Wertschöpfung im 2. Quartal saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal um nur noch 0,6 Prozent, deutlich schwächer als in den zwei besonders starken Quartalen zuvor (je +1,5 Prozent). Gegenüber dem Vorjahr ergab sich noch eine Steigerung um 4,9 Prozent.

Ungünstige Auftragslage

Der Konjunkturabschwung in der Sachgütererzeugung bestätigt auch der Wifo-Konjunkturtest bestätigt. Die Unternehmen beurteilen ihre Auftragslage nun deutlich ungünstiger, melden einen Rückgang der Kapazitätsauslastung und einen Anstieg der Lagerbestände.

Im 2. Quartal erhöhten sich die Ausrüstungsinvestitionen laut der Wifo-Schnellschätzung zum BIP saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal real um 0,6 Prozent (+5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr).

Gebremst wird die Konjunktur auch von der hohen Inflationsrate, so das Wifo weiter. Zuletzt habe sich bei Rohstoffen eine leichte Entspannung abgezeichnet: Die Weltmarkt-Rohölnotierungen verringerten sich von einem Höchststand von über 140 Dollar je Barrel auf knapp 120 Dollar. Die Nahrungsmittelpreise gaben auf Verbraucherebene im Juni gegenüber dem Vormonat etwas nach. Dennoch bedeute der starke Preisauftrieb, dass die realen Bruttoeinkommen je Beschäftigten sinken, denn die nominellen Tariflöhne würden im Durchschnitt um nur 3,3 Prozent steigen.

Die schwache Entwicklung der verfügbaren Einkommen schlage auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte durch. Im 2. Quartal lagen diese laut Wifo real und saisonbereinigt um 0,3 Prozent über dem Niveau des Vorquartals. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg von nur noch 0,8 Prozent. Auch die realen Einzelhandelsumsätze erhöhten sich im 1. Halbjahr nur in diesem Ausmaß.

Bauwirtschaft und Tourismus stabilisieren

Hingegen stabilisieren die Bauwirtschaft und der Tourismus die Konjunktur. Die Wertschöpfung der Bauwirtschaft war im 2. Quartal real um 0,5 Prozent höher als im Vorquartal und um 3 Prozenthöher als im Vorjahr. Während die Dynamik der Nachfrage im Wohnbau eher nachlässt, entwickelt sich der Industrie- und Geschäftsbau sehr rege, und der Tiefbau expandiert von hohem Niveau ausgehend. Damit ist die Baukonjunktur in Österreich deutlich stärker als im Durchschnitt der EU, der durch die Immobilien- und Baukrise in Irland, Spanien und Großbritannien gedrückt wird.

Der heimische Tourismus meldete einen guten Beginn der Sommersaison, obwohl die Zahl der Nächtigungen im Juni während der Fußball-Europameisterschaft "EURO 2008"- zum Teil auch kalenderbedingt - um 4 Prozent unter dem Wert des Vorjahres lag. Die Tourismuswirtschaft setzte im Mai und Juni insgesamt real um 4,3 Prozent mehr um als im Vorjahr.

Vorquartal nach unten revidiert

Mit Bekanntgabe der Schnellschätzung zum BIP-Wachstum im 2. Quartal hat das Wifo auch die Wachstumsraten früherer Quartale nach unten revidiert. Im 1. Vierteljahr 2008 war das Wachstum sowohl auf Jahres- wie auch Quartalsbasis geringer als bisher gedacht.

So ist das heimische BIP im 1. Quartal 2008 im Jahresabstand nur um 2,7 Prozent gewachsen und nicht um 3,3 Prozent, wie noch Mitte Juni angenommen. Für das 4. und das 3. Quartal 2007 wurde das BIP-Plus nun mit 2,6 bzw. 2,7 statt 3,1 und 3,2 Prozent angegeben.

Unterschiedlich ist die Revision bei den Zuwachsraten im Quartalsabstand ausgefallen: Während das BIP im 1. Quartal nur 0,6 statt 0,7 Prozent über dem Vorquartal lag, wurde die Veränderungsrate des 4. Quartals leicht von 0,6 auf 0,7 Prozent angehoben und jene für das 3. Quartal im gleichen Ausmaß von 0,7 auf 0,6 Prozent gesenkt.

Am 10. September wird das Wifo die Daten zum 2. Quartal im Detail mitteilen. Die Bekanntgabe der Erstschätzung für das BIP im laufenden 3. Quartal ist dann für den 14. November vorgesehen. (APA)