Den passenden Mitarbeiter fürs Unternehmen zu finden ist eine Kunst. Das Unternehmen dafür als Marke aufbauen und zu verkaufen - im Fachjargon Employer Branding - soll dabei helfen. "Vieles davon ist zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht", lautet das Urteil von Bernhard Wundsam, Geschäftsführer von Uniport (Karrierecenter der Uni Wien), zu den Employer-Branding-Strategien der Unternehmen. Es gebe persönliche Bereiche, wie etwa die Ernährung, in die der Arbeitgeber nicht eingreifen darf - tut er es dennoch, werde er dadurch nicht attraktiver.
Markenbildung der Unternehmen könne nur wirksam werden, wenn die Mitarbeiter auch als Partner gesehen werden. "Das ist der richtige Nährboden, alles andere Augenauswischerei", bringt Peter Eblinger, Eigentümer der Personalberatung Eblinger & Partner, das Wesentliche auf den Punkt.
Die richtigen Mitarbeiter zu halten sei genauso schwierig, wie sie vorher zu finden, so Eblinger. Wenn das Arbeitsumfeld nicht mehr „der Komfortzone des Arbeitnehmers entspricht, dann geht er. Die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber hat Grenzen."
Strategie steckt noch in den Kinderschuhen
Dass strategisches Employer Branding in Österreich noch in den Kinderschuhen stecke, meint auch Andrea Tschirf vom Zentrum für Berufsplanung an der Wirtschaftsuniversität (zBp). Seit eineinhalb Jahren finde aber eine verstärkte Professionalisierung in diese Richtung statt. Kommunikation und Unternehmenskultur seien wichtig, "weil die Studierenden sehr wohl wissen, wie die Mitarbeiter im Unternehmen behandelt werden". Glaubwürdigkeit und Authentizität seien dafür aber die Grundvoraussetzung. Und "in die Tiefe der Selbsterforschung wird in Unternehmen nur ansatzweise gegangen", so ihre Einschätzung.
Gefahr der "Negativspirale"
Mundpropaganda sei für die Markenbildung eines Unternehmens ein ganz wesentliches Instrument, meint Michael Kaiser vom TU Career Center. "Wenn da eine Negativspirale losgetreten wird, haben es Unternehmen schwer." Man dürfe aber die neuen Möglichkeiten, die beispielsweise Web 2.0 den Usern bietet, nicht außer Acht lassen, ergänzt Peter Sitte in der Geschäftsleitung der PR-Agentur Alpha Affairs. Schon jetzt gebe es zahlreiche Plattformen zur Bewertung der Arbeitgeber mit qualitativ steigender Tendenz.
Der Ruf eines Unternehmens werde auch über Medien entschieden, so Sitte. PR-Kampagnen seien dafür richtig, sie müssten aber am Ende der Employer-Branding-Maßnahmen stehen. Beginn des strategischen Employer Brandings sollte die Selbstanalyse sein. Auch Kaiser diagnostiziert fehlende Strategien. "Es gibt viele gut gemeinte Ansätze, auch für langfristige Prozesse, wenn es dann aber um Konkretes geht, hapert es." Er empfiehlt innovativere Ideen um die Attraktivität des Unternehmens zu zeigen. Eine einmalige Firmenpräsentation auf einer Karrierenmesse alleine reiche dafür nicht aus.
Warnung vor Aktionismus
Wundsam warnt in diesem Zusammenhang aber vor zu viel Aktionismus, denn solche Kartenhäuser fielen schnell zusammen. Die Suche nach dem richtigen Mitarbeiter sei wie eine Partnerwahl. "Unternehmen ohne 'Sex-Appeal‘ haben es schwer. Mit Leuchtfeuerveranstaltungen werden sie diesen aber nicht bekommen", so Wundsam.
"Unternehmenswerte erlebbar machen"
Wenig "Sex-Appeal" werde gemeinhin dem Handel zugeschrieben, meint Carmen Wieser, Projektleiterin im Konzern-Marketing bei Spar. Daher sei strategisches Employer Branding in ihrem Unternehmen ein ganz wesentliches Thema, das sich durch alle Bereiche und von oben nach unten zieht. "Denn es geht darum, die Unternehmenswerte erlebbar zu machen", so Wieser.
"Damit auch drin ist, was draufsteht", werde viel Geld in die Hand genommen, sowohl Marketing- als auch PR-Budget. Daher gebe es auch keine eigene Employer-Branding-Abteilung, sondern mehrere Mitarbeiter aus den verschiedenen Bereichen widmen sich dem Thema, erklärt Wieser.
Sitte sieht gerade im Bündeln der Budgets aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen eine erfolgversprechende Strategie. Denn "nur so können auch wirksame und glaubwürdige Synergien entstehen".
'Leithammel' hilft
Employer Branding müsse aber auch generationenübergreifend betrieben werden, ergänzt Tschirf. Denn "bei den Jungen trägt die zu erwartende Bezahlung schon auch zum Branding bei".
Für die Außenwirkung eines Unternehmens sei auch das Leitbild des Chefs ganz entscheidend, hält Eblinger fest. Umstrittene Persönlichkeiten würden auf das Image des Unternehmens drücken. "Denn 'attraktiv' müssen auch die handelnden Personen sein. Unternehmen könnten sich einiges ersparen, wenn es einen 'Leithammel' gibt", so Eblinger.
Neben der Außenwirkung müsse aber auch die Unternehmenskultur passend sein, so Kaiser. "Wegen der Hochglanzbroschüren über das Unternehmen sind die Mitarbeiter in den Filialen nicht stolz, dort zu arbeiten." Employer-Branding-Maßnahmen dürfen keine internen Lippenbekenntnisse sein, es müsse dafür ein stimmiges Format entwickelt werden.
Die Mitarbeiter sind wichtig
Als Grundvoraussetzung dafür müssen sich Unternehmen der Wichtigkeit der Mitarbeiter bewusst werden und nicht nur auf die Kosten schauen, so Sitte. Nur so können sich Unternehmen auch ernsthaft und nachhaltig damit auseinandersetzen. "Ohne Strategie wird Employer Branding nicht funktionieren."
Die Selbstanalyse könne durchaus ein schmerzhafter Prozess sein, meint Kaiser, aber nur dann kann man sich die Frage stellen, was man tun möchte. Und das würde auch dazu führen, dass sich die Unternehmen mehr trauen, ohne ihre Authentizität zu verlieren.
Weg von den platten Superlativen im Außenauftritt, lautet der Appell von Wundsam. Dadurch werde das Unternehmen unglaubwürdig. Wichtiger für das Unternehmen sei, sich anzuschauen, worin es gut ist, was es besonders gut kann. Denn eines ist klar: "Man kann nicht in allen Bereichen attraktiv sein." (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, Printausgabe, 16./17.8.2008)