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Im wirtschaftlich-politischen Machtspiel dominieren zwei Farben, auch wenn die Anzahl der Parteien steigt.

Foto: AP; Montage: Friesenbichler

Der Verkehrsminister veranlasst das staatlichste Unternehmen Österreichs, die ÖBB, Imagekampagnen in genehmen Medien zu schalten, in denen der Ressortchef aus jedem zweiten Foto lacht. Ein Finanzminister lässt sich von einem privaten, aber mächtigen Industrieverein um hunderttausende Euro eine Homepage mit Jugendbildchen finanzieren, die Finanzbehörden finden keine Steuerpflicht und auch sonst nichts dabei. In allen österreichischen Ministerien und Politkabinetten sitzen als "lebende Subventionen" Topmitarbeiter von Kammern, Nationalbank und Industriellenvereinigung, sie verfassen im Ministerauftrag Gesetzestexte am laufenden Band. Das sind nur ein paar Ausschnitte aus der österreichischen Realität im Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft.

Gut vernetzt

Gut vernetzte Ex-Politiker oder auch die gut informierten Zuträger der Mächtigen, sie wechseln zwischen Politjob und Wirtschaftsposten hin und her. Beliebte Ziele: Eisenbahngesellschaften genauso wie die staatliche Straßenbaugesellschaft Asfinag, das Forschungszentrum Seibersdorf. Aber auch die Privaten: Frank Stronachs Magna-Konzern gilt als Auffangbecken für alle Couleurs. Raiffeisen ist und bleibt eine schwarze Trutzburg auf dem flachen Land. Siemens nimmt gern gestandene Politiker. Auch in der Vorstandsetage der Casinos Austria, Nutznießer des staatlichen Glücksspielmonopols, aber in privater Hand, sind sie gut zu brauchen. Der Handelskonzern Rewe angelte sich zuletzt einen Brüssel-erprobten Topmitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums als Vorstand, der zur Hand ging, als die heikle Übernahme eines Konkurrenten anstand.

Geschenkte Humanressource

Aber auch am Beginn einer Karriere kann das Wechselspiel stehen: Die Parteien kommen nicht nur durch satte Förderungen zu Führungsnachwuchs, sondern auch über externe Kanäle. Als besonders ausgeklügelt gilt das Netzwerk der Industriellenvereinigung, die sich trotz ihrer Nähe zum bürgerlich-wirtschaftsliberalen Lager in alle Richtungen gut verdrahtet hat. Nach einem Trainee-Programm wird die Humanressource dann Ministern und Abgeordneten zur Verfügung gestellt. Selbst bei EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner wurde ein Mitarbeiter eingeschleust, was in Brüssel angesichts der klaren Zugangsregeln für Verwunderung sorgte.

Hinterfragt wurde diese wenig transparente Praxis des Gebens und Nehmens bei Verantwortlichen in Gesetzgebung und Verwaltung nie. Lediglich rund um den Postenschacher-Skandal im Innenministerium unter VP-Mann Ernst Strasser wurde der Umstand, dass an den Schalthebeln der Macht sitzende Kabinettsleute von Unternehmen bezahlt werden, zu Diskussionsstoff.

Wirtschaftsthemen bestimmen den Wahlkampf

Derzeit ist Wahlkampf, und Wirtschaftsthemen bestimmen ihn. Die Parteien überschlagen sich mit Zuckerln in letzter Minute, mit tapferen Ansagen gegen die Teuerung. Zu komplex dürfen die Botschaften nicht sein, jeder versucht, die Diskussion in seinen Kompetenzbereich - etwa: schwarz ist wirtschaftsaffin, rot ist sozialkompetent, grün ist umweltbewusst - zu holen. Dazu braucht es aber viel wirtschaftliche Expertise, und die haben die Parteien nicht immer selbst. Gerade die beiden Großparteien verfügen über ein engmaschiges Beziehungsgeflecht mit Unternehmen und Körperschaften, auf die man im Bedarfsfall zugreifen kann. Aber auch die kleineren Parteien haben diesbezüglich einiges gelernt. der Standard widmet sich in einer Vorwahl-Serie diesen Netzwerken, die das heimische Politsystem prägen. (Andreas Schnauder Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.8.2008)