Zell am See ist nach Wien das zweitbeliebteste österreichische Urlaubsziel für Touristen aus dem arabischen Raum. Der Salzburger Schnürlregen schreckt sie nicht ab, im Gegenteil.

Foto: Franz Neumayr

Zell am See/Wien - Die Burka regt im Unterpinzgau keinen mehr auf. An diesen Anblick haben sich die Leute inzwischen gewöhnt. Sagt zumindest Hans Wallner, und der muss es ja wissen. Wallner ist Geschäftsführer des Tourismusmarketings von Zell am See und Kaprun, und das wiederum ist für viele Araber so etwas wie Mekka - zumindest was die Sommerfrische betrifft. "Wir haben einen guten Namen im arabischen Raum", untertreibt Wallner. Reisebürobetreiberin Andrea Stifter-Vorderegger sagt es deutlicher: "Offensichtlich muss man als Araber einmal in Zell am See gewesen sein."

73.000 arabische Gäste machten im Sommer 2007 Urlaub in Österreich. Sie übernachteten insgesamt 278.000-mal - mehr als 140.000-mal allein in Salzburg. Stolze 64 Prozent der Salzburger Nächtigungen fanden allein in der Region Zell am See statt, sagt Leo Bauernberger, Geschäftsführer der SalzburgerLand Tourismus GmbH. Das 10.000-Einwohner-Städtchen ist damit für Araber gleich nach Wien der zweitwichtigste Anziehungspunkt.

Klare Luft und viel Wasser

Was führt die Araber gerade in den Pinzgau? "Es ist die Mischung aus urbanem Angebot und der Möglichkeit, sich zu erholen", sagt Bauernberger. "Araber lieben die klare Luft und das viele Wasser." Auch wenn's von oben kommt: "Wenn's einmal regnet, wenn's gewittert, jubeln sie und gehen raus." Dazu komme noch das "Faszinosum, Schnee angreifen zu können, noch dazu im Sommer" sowie Bergbahnen, Höhenstraßen, Burgen und Schlösser, preist Bauernberger die Vorzüge der Region.

Zu den größten Attraktionen für die Gäste aus dem Orient gehört die Seilbahn auf den Kitzsteinhorngletscher. Etwa jeder fünfte Gast, der im Juli in die Seilbahn zur "Eis-arena" auf dem Gletscher steigt, kommt aus dem arabischen Raum, schätzt Peter Präauer, Vorstandsvorsitzender der Kapruner Gletscherbahnen. Im Unterschied zu anderen Touristen nutzen sie das Angebot sogar bei Regenwetter.

Schnee begeistert

Besonders das Herumrutschen auf dem Schnee begeistert die weitgereisten Urlauber, erzählt Präauer - das ungewohnte Terrain habe aber auch seine Tücken: "Die Kinder steigen an der Bergstation aus, laufen ein paar Schritte, und auf einmal fangen sie zu weinen an. Wir haben lang nicht gewusst, warum. Bis wir herausgefunden haben, dass sie einfach kalte Füße bekommen." Inzwischen haben die Kapruner vorsorglich Wollsocken und dicke Decken auf Lager.

In Zell am See machen die Araber zur Hochsaison mittlerweile zwölf bis 13 Prozent der Gäste aus, sagt Wallner. Man hat sich darauf eingestellt: Mehrere Lokale bieten mittlerweile Halal-Kost an, die Touristeninfo beschäftigt zwei ägyptische Praktikanten, auch um "ein bisschen Marktforschung" zu betreiben, sagt Wallner. Ein Österreicher, der lange Zeit im Nahen Osten gearbeitet hat, leitet Kurse für den richtigen Umgang mit orientalischen Touristen.

Ausgabefreudige Gäste

Die Gäste aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder aus Kuwait wollen umsorgt sein, gelten sie doch als besonders ausgabefreudig. "Manche fahren mit dem Taxi nach Paris", erzählt Wallner. Was aber auch daran liegen könnte, dass sie sich in der mitteleuropäischen Bergwelt schwer tun, Distanzen einzuschätzen: "Dass welche am Nachmittag schnell noch einen Ausflug nach Venedig machen wollen, ist keine Seltenheit."

Andrea Stifter-Vorderegger führt ein Reisebüro, das auf arabische Gäste spezialisiert ist. Der Plafond sei noch lange nicht erreicht, sagt sie. Immerhin machten die Gäste aus arabischen Ländern im Sommer 2007 erst 0,44 Prozent aller Touristen in Österreich aus - trotz jährlicher Steigerungsraten jenseits der 20 Prozent sei da noch viel Spielraum. Inzwischen kommen nicht mehr nur die oberen Zehntausend, sagt sie. Und da werden auch die Ansprüche etwas niedriger: "Die eine oder andere Buchung machen wir sogar schon im Dreisternebereich."

Ein Problem sehen Wallner und Stifter-Vorderegger: Der islamische Fastenmonat Ramadan wird sich in den kommenden Jahren in den Hochsommer verschieben - und das bedeute für strenggläubige Muslime, dass sie zu Hause bleiben werden. Um rechtzeitig gegenzusteuern, müsse man "die Nebensaison aktivieren", sagt Stifter. Denn im Moment beschränkt sich der Gästezustrom aus dem Orient auf die Monate Juli und August.

Dass sich ein Gast beschwert hätte, weil es zu heiß gewesen wäre, habe er noch nicht gehört, sagt Leo Bauernberger. Auf Salzburgs "fantastisches, gesundes alpines Mischwetter" kann man sich eben verlassen. (Markus Peherstorfer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.8.2008)