SchirmerGraf

Schon vor mehr als 50 Jahren galt der Glamourfaktor in der Literaturszene etwas. Und so kontaktierte die Zeitschrift Elle eine knapp 19 Jahre alte Studentin, die über Nacht am Pariser Dichterhimmel aufgestiegen war und alle anderen überstrahlte - war sie doch jung, attraktiv und hochbegabt -, und gab bei ihr drei Reisefeuilletons in Auftrag. Ihr Name? Françoise Quoirez.

Weltbekannt wurde sie unter ihrem Pseudonym Sagan, das sie sich bei Marcel Proust entlehnt hatte. Noch heute wird Sagan ausschließlich mit einem Buch assoziiert, dessen Titel fast schon in die Umgangssprache übergegangen ist. Bonjour Tristesse war 1954 Saisongespräch, ein globaler Bestseller und das Fundament für die Schriftstellerinnenkarriere der Französin, die 2004 starb. Wer aber kennt heute noch ihre anderen Bücher, wer liest noch ihre Romane Blaue Flecken auf der Seele oder Edouard und Béatrice?

Nun hat ihr Sohn Denis Westhoff ihre drei Berichte über Neapel, Capri und Venedig aus dem Herbst 1954 mit einem Text über New York, Sagans zweiter Lieblingsstadt neben Paris, exhumiert. Ganz leicht kommt diese Prosa daher. Die Schilderungen aus einem pittoresken Neapel und einem fast schon jenseitig skizzierten Capri besitzen Charme. Und Patina, hat doch seither der Tourismus alles geschliffen, was Sagan damals verzauberte. Venedig hingegen ist weniger überraschend, und New York erschlug die junge Französin. Dieses schön gestaltete Bändchen macht Lust auf mehr. (Alexander Kluy / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.8.2008)