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Der Vertrag ist unterzeichnet, die Ratifizierung im polnischen Parlament gilt als gesichert

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Condoleezza Rice mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynsk: nach dem Georgien-Krieg erfüllten die USA den polnischen Wunsch, Patriot-Abwehrraketen in den osteuropäischen Land zu stationieren.

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Grafik: AP

"Wir haben unser Ziel erreicht" , lobte gestern US-Außenministerin Condoleezza Rice sich selbst, den polnischen Präsidenten Lech Kaczyñski und Polens Regierung. Denn nun ist die Stationierung des umstrittenen US-Raketenschildes in Nordpolen vertraglich unter Dach und Fach.

Im Gegenzug für die zehn Abfangraketen, die Angriffe aus dem Iran und Nordkorea auf die USA abwehren sollen, konnte Polen massive amerikanische Militärhilfe aushandeln. So wird die polnische Armee zwei Batterien Luftabwehrraketen vom Typ Patriot erhalten sowie massive finanzielle Hilfe zur Modernisierung seiner Militärtechnik.

Eigentlich hatte Polens Regierung warten wollen, bis in den USA ein neuer Präsident ins Weiße Haus einziehen würde. Denn mit George W. Bush und dessen Equipe hatten die Polen nicht eben die besten Erfahrungen gemacht. So hielten die Amerikaner weder ihre Zusage ein, in Polen entsprechend dem amerikanischen Kaufpreis für die knapp fünfzig F-16-Kampfjets zu investieren, noch dankten sie den Polen für ihren Einsatz im Irak-Krieg anders als mit warmen Worten.

Erwartet hatten die Polen "direkten Zugang zu den Ölquellen im Irak" und lukrative Geschäfte. Nicht einmal die Visa-Frage konnte positiv erledigt werden. Während Tschechen schon lange visafrei in die USA reisen können, müssen Polen noch immer demütigende Interviews in der US-Botschaft in Warschau über sich ergehen lassen.

Die traditionelle USA-Begeisterung der Polen kühlte merklich ab. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnte die Stationierung der US- Abfangraketen in Polen ab. Doch der Georgien-Krieg änderte die Lage schlagartig. Plötzlich wuchs Russland, vor dem Polen aus leidvoller historischer Erfahrung große Angst haben, wieder zum übermächtigen Feind. Die amerikanisch-polnischen Verhandlungen legten plötzlich so an Tempo zu, dass Polens Außenminister Radoslaw Sikorski nur wenige Tage nach Kriegsausbruch in Georgien stolz verkündete: "Wir werden den Raketenschirm in Polen haben" .
"Ich habe eines meiner strategischen Ziele erreicht" , freute sich Kaczyñski nun nach der Vertragsunterzeichnung. Rice setze hinzu: "In schwierigen Zeiten muss man Freunde haben" . Die Masse der Polen wird diesen Sätzen zustimmen. In Polen regiert die Angst.


 (Gabriele Lesser aus Warschau/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2008)