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In der Nacht auf Dienstag besetzten Anhänger des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez mediengerecht vier Zementfabriken.

Foto: Reuters/Susana Gonzalez

Caracas - In der Nacht auf Dienstag haben Truppen eine Zementfabrik in Venezuela, die bisher im Besitz des mexikanischen Cemex-Konzerns stand, besetzt. Da die Frist zu einer Einigung über die zu zahlende Entschädigung im Rahmen der Verstaatlichungsoffensive unter Staatschef Hugo Chávez abgelaufen sei, werde Cemex nun enteignet, erklärte Energie- und Ölminister Rafael Ramírez in Caracas. Seit Dienstag, null Uhr, hat dieser die Kontrolle über alle vier Cemex-Anlagen in Venezuela. Jedoch nur eine davon, jene in Maracaibo im westlichen Bundesland Zulia, wurde von Dutzenden Soldaten der Nationalgarde besetzt.


Ramírez und Arbeiter nahmen nach Ablauf der Verhandlungsfrist um Mitternacht in einem symbolischen Akt eine Fabrik in Besitz. Weitere Arbeiter übernähmen gleichzeitig auch in anderen Anlagen des mexikanischen Konzerns die Kontrolle, sagte der Minister während der vom Staatsfernsehen live übertragenen Zeremonie im nordöstlichen Bundesstaat Anzoátegui. Die Arbeiter jubelten Ramírez zu und riefen: "Der Zement gehört jetzt Venezuela."


Chávez hatte die Nationalisierung der Zementindustrie im April angekündigt. Mit den Vertretern lokaler Tochtergesellschaften der Konzerne Holcim (Schweiz) und Lafarge (Frankreich) handelte die Regierung in Caracas inzwischen Ablösepreise aus. Mit Cemex kam man zu keinem Ergebnis.
Als Grund für die Verstaatlichung nannte der Präsident den Zementmangel. Er warf den Unternehmen des Sektors vor, aufgrund "neoliberaler Firmenprozesse" zu exportorientiert zu sein. Er wolle Häuser für die Armen bauen - und das sei nur mit einem Zementunternehmen in Staatshand möglich, so der Linkspopulist.


Laut Ramírez habe Cemex eine Entschädigung in Höhe von 1,3 Mrd. Dollar (907 Mio. Euro) gefordert. Der stellvertretende Staatspräsident Ramón Carrizalez sagte unterdessen, man werde für 87 Prozent der Lafarge-Aktien 257 Mio. und für 85 Prozent der Holcim-Aktien 572 Mio. Dollar zahlen. "Die Produktionskapazität von Cemex entspricht jener von Lafarge und Holcim zusammen" , schätzte Carrizalez. Die Mexikaner könnten deshalb nicht viel mehr als 800 Mio. Dollar verlangen.

"Weg zum Sozialismus"


Im Rahmen des Verstaatlichungsprogramms im Erdölland Venezuela hatte Chávez Ende Juli auch die Nationalisierung der drittgrößten Bank Venezuelas, der zur spanischen Santander-Gruppe gehörenden Banco de Venezuela, angekündigt. Zuletzt hatte Chávez auch die Übernahme von Ternium-Sidor, dem größten Stahlkonzern des Landes, veranlasst. 2007 waren die Telefongesellschaft CANTV, das Energieunternehmen Electricidad de Caracas sowie Teile der Schwerölindustrie im Orinoco-Delta verstaatlicht worden. Die Nationalisierungen seien "Schritte auf dem Weg zum Sozialismus" . Seinen Anhängern versicherte Chávez am Dienstag: "Solange ich an der Macht bin, wird Venezuela mit eurer und mit Gottes Hilfe auf dem Weg der Gleichheit, sozialen Gerechtigkeit und des Sozialismus voranschreiten." (Reuters, AFP, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.8.2008)