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Rettungskräfte bei der Bergung der Wrackteile.

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Spaniens Politiker legen fünf Trauerminuten vor dem Rathaus ein.

Reuters/PAUL HANNA

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Madrid - Nach dem Flugzeugunglück mit 153 Toten in Madrid hat sich die Fluggesellschaft Spanair gegen den Verdacht der Fahrlässigkeit gewehrt. "Alles, was wir mit dem Flugzeug getan haben, stand im Einklang mit den Regeln und Normen", sagte Geschäftsführer Marcus Hedblom am Donnerstag in Madrid. Experten untersuchten das Wrack der Maschine und die Flugschreiber, während Angehörige und Gerichtsmediziner weiter die in der Messehalle von Madrid aufgebahrten Opfer identifizierten. Unter den Toten waren laut spanischer Regierung auch fünf Deutsche. Österreicher waren nach Angaben des Außenministeriums nicht an Bord.

Überhitzungs-Problem

Um den genauen Hergang des Unglücks zu verstehen, müsse der Ausgang der Untersuchung abgewartet werden, sagte Hedblom auf einer Pressekonferenz. Nach Angaben seines Stellvertreters Javier Mendoza meldete der Pilot vor dem Unglücksflug ein Überhitzungs-Problem an einem Luftschacht unterhalb des Cockpit-Fensters. Der Pilot sei zum Gate zurückgefahren. "Das Heizproblem wurde behoben und durch Techniker von Spanair korrigiert", sagte Mendoza. Demnach "isolierten" die Techniker den Luftschacht, indem sie ihn ausschalteten und so funktionsunfähig machten. Dieses Vorgehen entspreche den Regeln. Es sei zulässig gewesen, dass das Flugzeug anschließend gestartet sei.

Infrastrukturministerin Magdalena Alvarez hatte zuvor gesagt, die Piloten hätten nach einem ersten Startversuch technische Probleme gemeldet. Spanair-Techniker hätten die Maschine gewartet und dann grünes Licht für den Start gegeben. Nach Medienberichten startete das Flugzeug mit einem brennenden Triebwerk. Diese gerieten nur äußerst selten in Brand, sagte der Luftfahrt-Experte Chris Yates. Die Ursache für das Feuer sei deshalb "unweigerlich im Mittelpunkt vieler Spekulationen". Seinen Worten zufolge stehen die Ermittler vor einem "Rätsel, das viel Zeit in Anspruch nimmt, um es zu lösen".

Die Maschine mit 162 Passagieren und zehn Besatzungsmitgliedern an Bord war am Mittwochnachmittag über die Rollbahn hinausgeschossen und dann in Flammen aufgegangen. Nach Angaben von Alvarez flog die MD-82 etwa 50 Meter weit in einer Höhe von 200 Fuß und zerschellte dann. 19 Insassen überlebten das Unglück zum Teil schwer verletzt. Der Absturz des Flugzeugs vom Typ McDonnell Douglas MD-82 ist das schwerste Luftfahrtunglück in Spanien seit fast 25 Jahren.

Experte: Weitere Faktoren als reinen Triebwerkausfall

Spanair ist innerhalb der Star Alliance ein Kooperationspartner der Austrian Airlines (AUA). Der Chef des AUA-Pilotenverbandes, Christoph Mair, sagte in der "ZiB24", es müsse beim Unglück "weitere Faktoren geben als einen reinen Triebwerksausfall". Das Flugzeug hätte nämlich mit einem Triebwerk weiterfliegen können, und ein Brand wäre zu löschen gewesen. Die MD-82 sei ein "sehr sicheres Flugzeug", auch wenn es "nicht alle Sicherheitsfeatures" modernerer Maschinen habe, sagte Mair.

Ähnlich hatte sich in der "ZiB 2" des ORF am Mittwochabend der Luftfahrtexperte Kurt Hofmann geäußert. Seit Anfang der 1980er Jahre habe es mit MD-82-Maschinen "60 Zwischenfälle" mit 1000 Toten gegeben, was vergleichsweise wenig sei. Auch Spanair - die zweitgrößte spanische Fluglinie nach Iberia - gelte als zuverlässig.

20 Kinder und zwei Babys unter Opfern

Laut spanischer Regierung konnten 59 Todesopfer über digitale Fingerabdrücke identifiziert werden. Die Identität der weiteren 94 Leichen solle nun über DNA-Tests geklärt werden. Auf der Website der Spanair wurde die Passagierliste im Internet veröffentlicht. Demnach waren unter den Passagieren auch 20 Kinder und zwei Babys.

Königspaar und Papst kondolieren

In Spanien gibt es eine dreitägige Staatstrauer. Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero brach nach der Katastrophe seinen Urlaub in Südspanien ab, eilte zum Madrider Flughafen und anschließend zum Kongresszentrum, das als provisorische Leichenhalle diente. Das spanische Königspaar hat sich am Donnerstag nach Madrid begeben und den Angehörigen der Opfer der Flugzeugkatastrophe sein Beileid ausgesprochen. König Juan Carlos und Königin Sofia trafen am Mittag auf dem Ifema-Messegelände der spanischen Hauptstadt ein, wo die sterblichen Überreste der Opfer aufgebahrt waren. Auch Papst Benedikt XVI. zeigte sich betroffen und hat den Überlebenden eine rasche und vollständige Genesung gewünscht. In einem Kondolenztelegramm bat er den Vorsitzenden der spanischen Bischofskonferenz, Antonio Maria Rouco Varela, den Angehörigen der Opfer seinen "aufrichtigen Kummer" zu übermitteln.  (APA/AP/dpa/AFP/Reuters)