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EPA PHOTO/DPA/Frank Rumpenhorst

Es geht um Großes, das machen Wortwahl und Vergleiche aller Beteiligten klar. In der Diskussion über Freie Software oder Open Source-Software geht es nicht nur um Computerprogramme und die Rechte von Programmierern und Anwendern. Es geht auch um Fragen des gesellschaftlichen Miteinanders und wirtschaftliche Aspekte.

Software und Quellcode werden befreit

Die rasante Zunahme der Softwareumsätze Ende der Siebzigerjahre führte auch zu einer verstärkten Diskussion über Urheber- und Patentschutz. Je mehr die Software zur Ware wurde, desto mehr Unternehmen gingen dazu über, Programme nur noch in kompilierter Form ohne Quellcode zu verkaufen. Die Programmierer wurden mit Geheimhaltungsverpflichtungen (Non-Disclosure Agreements) an der Weitergabe von Informationen gehindert.

Richard Stallman, der damals das Labor des Massachusetts Institute of Technology nutzte, erlebte diese Entwicklung als Verfall des Programmierer-Netzwerkes. Als Reaktion gründete er 1984 das GNU-Projekt und damit den Begriff und die Idee der Freien Software. Der Name GNU ist ein Wortspiel und beinhaltet sowohl den Verweis auf „is not Unix“ wie auch auf das Tier. Ein Jahr später entstand die gemeinnützige Stiftung Free Software Foundation (FSF). Ziel des GNU-Projektes war es, in einer großen Gemeinschaft ein Betriebssystem mit offenem Sourcecode zu entwickeln.

Stallman formulierte vier Grundfreiheiten: Freiheit 0 ist die Freiheit, Programme für jeden Zweck einsetzen zu dürfen. Mit der Freiheit 1 – das Recht, die Programme zu analysieren und an eigene Bedürfnisse anzupassen – wird festgeschrieben, dass der Programmcode zugänglich gemacht werden muss. Das Recht, Softwarekopien an seinen Nachbarn weiterzugeben, ist Freiheit 2. Darin zeigt sich der soziale Aspekt der Wissenskommunikation. Freiheit 3 ist eine logische Konsequenz: das Recht, ein Programm zu verbessern und es der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Freie Software ist keine Freeware

Freie Software ist nicht mit kostenloser Software zu verwechseln. Freie Software dürfen sich Programme nennen, die entsprechend den oben stehenden Freiheiten vertrieben werden. Es geht darum, Programme statt Nutzungsrechte zu verkaufen. Das muss nicht kostenlos sein. Im Gegenteil, auf der Homepage des GNU-Projektes heißt es: „Weitervertrieb von Freier Software ist eine gute und legitime Aktivität; wenn du es tust, kannst du ebenso gut Gewinn damit machen“. Freie Software steht im Gegensatz zur proprietären Software, bei der sich der Urheber alle Eigentumsrechte vorbehält – im Falle von Programmen durch die Auslieferung ohne Sourcecode. Stallmans Motto lautet: „Frei wie in Freiheit – nicht wie in Freibier“.

Kampf um die Freiheit

Nachdem Linus Torvalds 1991 Linux vorgestellt hatte, begann schon bald ein reger Austausch zwischen Stallman und Torvalds. Technisch ergänzten sich das GNU-Betriebssystem und Linux perfekt. In den folgenden Jahren wurde aber immer deutlicher, dass die wachsende Entwicklerszene unterschiedliche Ziele hatte. Das führte schließlich 1998 zur Gründung der Open Source-Initiative (OSI) durch Eric Raymond, Bruce Perens und Tim O’Reilly. Für das GNU-Projekt steht der mündige Anwender im Mittelpunkt. Die Open Source-Initiative vertritt einen pragmatischeren, geschäftsorientierteren Ansatz und hat eher die Rechte der Programmierer im Blick. Die Gründer der OSI wollten der Freien Software-Bewegung mit Marketingmitteln neuen Schwung geben. In der Folgezeit kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern beider Bewegungen. Dabei weichen die Definitionen beider Strömungen kaum voneinander ab. Am ehesten gibt es Unterschiede in der Lizensierungspraxis. Die GNU General Public License (GPL) ist die Software-Lizenz mit den striktesten Anforderungen in Bezug auf Programmcode, Verbreitung und Verwendung nicht-freier Software. Open Source-Lizenzen sind liberaler und eröffnen auch ein Miteinander von freier und proprietärer Software. Schwierig wird es dadurch, dass viele Lizenzen gegenseitig nicht anerkannt werden.

Bedrohung für Software und deren Hersteller

Die großen Softwarehersteller reagierten heftig auf die Freie Software-Bewegung. In einer viel zitierten Rede warnte Craig Mundie, CTO Microsoft, vor den Gefahren der Open Source-Software. Die Sicherheit von Programmen und Daten sei in Gefahr, Anwender würden möglicherweise teure Programme kaufen, deren Fortbestand und Support nicht gewährleistet seien. Vor zwei Wochen schickte Microsoft seine jährliche Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht. Die Bedrohung des Softwaregeschäftes durch Open Source-Software beschreibt das Unternehmen darin als das größte finanzielle Risiko. Als Gegenmaßnahme wird die Entwicklung preisgünstiger Software mit eingeschränkten Features genannt. Den Open Source-Softwareunternehmen wirft Microsoft vor, unkollegial zu handeln und sich Entwicklungen von Microsoft zu bedienen, statt in eigene Forschung zu investieren. Gleichzeitig bemüht sich der Konzern um Imagepflege und Einflussnahme. Neben einigen eigenen Open Source-Projekten ist das Unternehmen seit Mai dieses Jahres Mitglied der Open Source Business Foundation. (Markus Drenckhan)