Madrid - Nach dem Flugzeugunglück auf dem Madrider Flughafen haben Experten begonnen, die Ursache der schlimmsten spanischen Luftfahrt-Katastrophe seit 25 Jahren zu ermitteln. Eine Maschine der Fluggesellschaft Spanair war unmittelbar nach dem Start auf dem Flughafen Madrid-Barajas zerschellt und in Flammen aufgegangen. Nach Angaben der spanischen Verkehrsministerin Magdalena Alvarez kamen 153 Menschen in dem Inferno ums Leben, 19 Insassen der Maschine überlebten mit schweren Verletzungen. Zwei von ihnen waren jedoch immer noch nicht identifiziert.

Richter verhängt Nachrichtensperre

Die Flugschreiber des verunglückten Flugzeugs vom Typ McDonnell Douglas MD-82 wurden wenige Stunden nach dem Unglück sichergestellt und einem Ermittlungsrichter übergeben. Der Richter verhängte für die Untersuchungen eine Nachrichtensperre. Er untersagte es nach Angaben des staatlichen Rundfunks RNE den Medien, Fotos vom Wrack der abgestürzten Maschine zu veröffentlichen. Regierungssprecherin Nieves Goicoechea schloss einen Anschlag als Ursache des Unglücks aus. Es bestehe "kein Zweifel", dass es sich bei der Katastrophe um einen Unfall handle, sagte sie.

Bergung der Opfer in der Nacht

Die Rettungsmannschaften setzten in der Nacht zum Donnerstag die Bergung der Leichen aus dem Wrack fort. Es wurde erwartet, dass die Identifizierung mehrere Tage dauern wird, weil viele Toten verstümmelt und zur Unkenntlichkeit verbrannt waren. Der spanische Ministerpräsident Jose Luis Rodríguez Zapatero sagte, die Ursachen der Katastrophe würden lückenlos aufgeklärt. Er hatte wegen der Katastrophe seinen Urlaub unterbrochen und spendete den Angehörigen der Opfer Trost. König Juan Carlos, Königin Sofía, Thronfolger Prinz Felipe sowie dessen Frau Letizia wollten am Donnerstag mit den Angehörigen der Opfer zusammenkommen.

Das Unglück wurde in Medienberichten darauf zurückgeführt, dass möglicherweise beim Start ein Triebwerk der zweistrahligen Maschine in Brand geraten sei. Luftfahrtexperten wiesen jedoch darauf hin, dass bei der Katastrophe auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben müssten. Eine Maschine dieses Typs könne notfalls auch mit nur einem Triebwerk starten.

Erster Start wegen technischer Probleme abgesagt

Die Verkehrsministerin bestätigte, dass der Pilot des Jets vor dem Unglück einen Start abgesagt habe, weil technische Probleme aufgetaucht seien. Einem Medienbericht zufolge bemerkte der Pilot einen Defekt bei der Außen-Temperaturanzeige, der jedoch behoben worden sei. Die Maschine war nach Angaben von Spanair 15 Jahre alt und allen vorgeschriebenen Inspektionen unterzogen worden. Der Chef des AUA-Pilotenverbandes, Christoph Mair, sagte in der "ZiB24", die MD-82 sei immer noch ein "sehr sicheres Flugzeug", auch wenn es "nicht alle Sicherheitsfeatures" moderner Maschinen habe.

Passagierliste online veröffentlicht

Möglicherweise waren auch vier Fluggäste aus Deutschland an Bord. Die Lufthansa teilte am Abend in Frankfurt mit, dass sieben Passagiere mit Lufthansa-Ticket für den Gemeinschaftsflug des Airline-Bündnisses Star Alliance eingecheckt hatten. Vier davon stammen aus Deutschland. Das Wiener Außenamt hatte keine Informationen, dass sich auch Österreicher an Bord befunden haben könnten. Eine Passagierliste ist von Spanair mittlerweile im Internet veröffentlicht worden.

Laut Flugplan sollte die Spanair-Maschine um 13.00 Uhr vom Großflughafen Barajas der spanischen Hauptstadt nach Gran Canaria abheben. Beim zweiten Startversuch raste das Flugzeug gegen 14.45 Uhr dann über die Landebahn hinaus und ging in Flammen auf. Die Maschine war beim Start kaum vom Boden abgehoben und hinter der Startbahn auf einer Wiese in einer Senke zerschellt. In der Nacht auf Donnerstag normalisierte sich der Flugverkehr, der nach dem Unglück eingestellt worden war, wieder.

In Teile zerbrochen

Helfer der Rettungsdienste berichteten, das Flugzeug sei in mehrere Teile zerbrochen. "Es ist ein Wunder, dass überhaupt jemand überlebte", sagte ein Augenzeuge. Ein Helfer berichtete: "Das Wrack war total verkohlt und voller Leichen. Da sah nichts mehr wie ein Flugzeug aus."

Die Fluggesellschaft Spanair befindet sich seit geraumer Zeit in schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die skandinavische Muttergesellschaft SAS hatte vergeblich versucht, einen Käufer für das kränkelnde Unternehmen zu finden. Zurzeit ist Spanair dabei, fast ein Drittel der Beschäftigten zu entlassen und das Streckennetz zu reduzieren.

Auf dem Madrider Flughafen hatte es vor knapp 25 Jahren zwei schwere Flugzeugkatastrophen gegeben. Am 27. November 1983 war ein Jumbojet der kolumbianischen Linie Avianca beim Landeanflug abgestürzt, 181 Menschen starben. Wenige Tage später gab es 93 Tote bei einem Zusammenstoß zweier Maschinen im dichten Nebel. (APA/dpa/AFP)