Wien - Peter Klugar, seit drei Monaten ÖBB-Vorstandschef, lässt die Staatsbahnen einen Sparkurs fahren, um im laufenden Jahr operativ über die Nulllinie zu kommen. Den Gesellschaften wurde ein Ergebnisverbesserungs-Programm verordnet, mit dem auch Personalkosten gespart werden sollen, sagte Klugar am Mittwoch. Die hohen Benzinpreise bescheren der Bahn zwar deutlich mehr Kunden, Abschreibungen und weniger Verkaufserlöse bringen das Management aber unter Handlungsdruck.

Keine Einschätzung will der erst seit drei Monaten an der ÖBB-Spitze stehende Klugar über den Wert der Portfolio Credit Default Swaps (PCDS) machen, in die das Unternehmen 2006 ursprünglich 613 Mio. Euro gesteckt hat. Exklusive der Wertpapiere, die bisher um mehr als 200 Mio. Euro wertberichtigt wurden, wollen die ÖBB heuer "deutlich positiv bilanzieren", so Klugar. Die Erlöse aus Immobilienverkäufen werden heuer um 30 bis 40 Mio. Euro geringer ausfallen als 2007, neue Waggons bringen den Fahrgästen nicht nur mehr Komfort, sondern auch eine höhere "AfA" für die ÖBB.

Im Nahverkehr haben die ÖBB heuer um etwa zehn Prozent mehr Passagiere befördert, ein kleineres Plus gibt es auch im Fernverkehr. "Der Güterverkehr läuft an und für sich gut, ist aber von der wirtschaftlichen Großwetterlage auch nicht unabhängig."

Auswirkungen auf Mitarbeiter

Spürbar, aber nicht dramatisch werden nach Darstellung Klugars die Auswirkungen des Ergebnisverbesserungs-Programms für das Personal ausfallen. Die Neuaufnahme soll - vor allem bei den Overheads - restriktiver werden. Mit dem Betriebsrat wird um mehr Flexibilität verhandelt. "Ich war vor kurzem bei unseren Bus-Leuten. Plakativ gesprochen, wollen wir die Position von jedem, der nicht zur Hauptverkehrszeit hinter dem Lenkrad sitzt, hinterfragen."

Es werde aber keine großflächigen Kündigungen oder neue Golden Handshakes geben, um Leute zum freiwilligen Abgang zu bewegen, beruhigt Klugar. Bei seinem Amtsantritt im Sommer hatte der neue ÖBB-Chef angekündigt, den seit Jahren anhaltenden Mitarbeiterabbau grosso modo zu beenden und nur mehr dort zu reduzieren, wo man auch mit weniger Leuten auskommen kann.

Die ÖBB, die eigentlich per Jahresanfang 2009 die Tarife um vier Prozent erhöhen wollten, erwarten in den nächsten Tagen vom scheidenden Verkehrsministers Werner Faymann (S) eine schriftliche Zusage über einen Bundeszuschuss von 15 Mio. Euro. Das Geld wurde im Zug der Anti-Inflationsmaßnahmen der Bundesregierung versprochen und dient als Gegenleistung dafür, dass die Bahn die Tarife zunächst nicht erhöht. Die Stillhaltezusage der Bahn läuft zur Jahresmitte 2009 aus.

"Nachjustierung"

Bei der "Nachjustierung" der 2005 geschaffenen Struktur sind sich die im Diskussionsprozess eingebundenen Manager weitgehend über die neue Aufgabenverteilung einig geworden. Eine Servicegesellschaft bleibt bestehen, die Dienstleistungsgesellschaft (DLG) muss bisher vorhandene Richtlinienkompetenzen und strategische Aufgaben an die Holding abgeben. Die Holding soll künftig die Kollektivverträge verhandeln, über Personal oder Lohnerhöhungen entscheidet (nach von der Holding vorgegebenen Spielregeln) die jeweilige Tochtergesellschaft. "Die Struktur soll effizienter werden, die einzelnen Gesellschaften werden mehr Verantwortung bekommen", sagte der ÖBB-Chef.

Zweitens sollen die Überlappungen zwischen den beiden Infrastrukturgesellschaften beseitigt werden. Für die 70.000 technischen Anlagen der ÖBB war die Baugesellschaft bisher für die Investition und die Betriebsgesellschaft für die Instandhaltung zuständig. Diese beiden Aufgaben sollen nun zusammengefasst und über eine Leitgesellschaft gesteuert werden. Während für die neuen Aufgaben der DLG ein Aufsichtsratsbeschluss ausreicht, benötigt die Bereinigung bei den Infrastrukturgesellschaften einen Beschluss vom künftigen Parlament.

Kritik von Gewerkschafter Haberzettl

Heftige Kritik übt der ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzende Wilhelm Haberzettl am Sparkurs, der zulasten des Personals gefahren werden solle. Dieser zeuge von der offensichtlichen Hilflosigkeit des ÖBB-Managements und sei ein Konfrontationskurs gegenüber der Belegschaftsvertretung, so Haberzettl.

Klugar wolle die Millionen-Verluste aus den Spekulationsgeschäften auf dem Rücken der ÖBB-Mitarbeiter wettmachen: "Die einzelnen Gesellschaften, die in diese Spekulationen involviert waren, beginnen, ein gigantisches Sparprogramm zu fahren", so Haberzettl. Wenn der neue Chef glaube, die Verfehlungen des früheren Managements auf dem Rücken der Beschäftigten austragen zu können, "so fassen wir Betriebsräte das als Kriegserklärung auf, mit der wir gut umgehen können".

Klugar solle stattdessen bei der Entwicklung der Overhead- und Beraterkosten im ÖBB-Konzern für Ordnung sorgen, so der stellvertretende vida-Vorsitzende. (APA)