Eher trocken kommentierte Vizekanzler Wilhelm Molterer am Donnerstag den von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky bekanntgegebenen völligen Rückzug aus der Politik: Dieser sei eine "persönliche Entscheidung, die ich zur Kenntnis nehme", erklärte er in einer Stellungnahme. Er bedankte sich bei der von ihm in die Politik geholten Quereinsteigerin aber "für ihre engagierte Arbeit in der Bundesregierung".
Molterer: "Wichtige Impulse"
"Als Gesundheits-, Familien- und Jugendministerin hat sie wichtige Impulse gesetzt wie die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes oder die Fortführung der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen", fügte Molterer hinzu.
"Die Entscheidung von Andrea Kdolsky ist eine persönliche, die die Partei mit Respekt zur Kenntnis nimmt. Der in einem Gespräch mit dem Vizekanzler gefällte Entschluss der Ministerin unterstreicht ihren Einsatz für die Geschlossenheit der Partei und ihre Professionalität," teilte ÖVP- Generalsekretär Hannes Missethon in einer Aussendung mit.
FPÖ: "Kein Verlust"
FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein sieht in Kdolskys Rückzug "keinen Verlust für das österreichische Gesundheitswesen". Die von Kdolsky erwähnte Sorgfalt, die sie in ihrem Amt bis zum Schluss an den Tag legen wolle, habe man bis jetzt vermisst, so Belakowitsch-Jenewein.
Grüne: "Schwerwiegende Probleme ungelöst"
Kdolsky hinterlässt einen Scherbenhaufen in der Gesundheitspolitik, sagte der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald in einer Aussendung. Viele schwerwiegende Probleme des österreichischen Gesundheitswesens wie Kassenfinanzierung, Zersplitterung von Kompetenzen und Verantwortung und Versorgungslücken in manchen Fachbereichen wurden nicht gelöst", so Grünewald.
BZÖ kritisiert ÖVP-Umgang mit Frauen
BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz ließ sich nicht auf eine Beurteilung Kdolskys ein, sondern richtete seine Kritik gegen die ÖVP: Es sei "beschämend", wie die ÖVP mit Frauen in Führungspositionen umgehe. Er erinnerte daran, dass mit Kdolsky schon die zweite Molterer-Stellvertreterin abgelöst worden sei - nach dem Abgang der Tirolerin Elisabeth Zanon.
Parteichef-Stellvertreterin bleibt Kdolsky - zumindest formal - bis zum nächsten Parteitag, mit dem wohl bald nach der Nationalratswahl am 28. September zu rechnen ist. Denn Parteiobmann und Stellvertreter werden beim Parteitag gewählt. Dieser hatte im April 2007 gemäß dem Vorschlag Molterers vier Stellvertreter - neben Kdolsky auch Elisabeth Zanon, Josef Pröll und Christian Buchmann - gekürt. (APA/red/derstandard.at, 21. August 2008)