Peking- Die Polizei in der nordwestchinesischen Stadt Kashgar in der autonomen Region Xinjiang hat nach Informationen einer Exilorganisation seit Anfang August mehr als 100 Uiguren festgenommen. Einige von ihnen seien geschlagen und verletzt worden, wie der Sprecher des in München ansässigen "Weltkongresses der Uiguren", Dilxat Raxit, am Donnerstag berichtete. Bei Bombenanschlägen, für die von den Behörden "uigurische Terroristen" als Hintermänner verantwortlich gemacht wurden, waren am 4. August 16 Grenzpolizisten getötet worden. Die Festgenommenen stammten laut den Schilderungen aus Kashgar und Umgebung.

Während der Olympischen Spiele in Peking hätten die Behörden ihr Vorgehen gegen die Uiguren verschärft und in einer Bekanntmachung vom Montag eine neue Kampagne zur Überwachung und Kontrolle der muslimischen Minderheit angekündigt, berichtete der Sprecher. Peking hatte die Festnahme von 18 "ausländischen Agitatoren" bekanntgegeben, die Unruhe in der unter anderem an Afghanistan, Pakistan und den indischen Teil Kaschmirs grenzenden Region gestiftet hätten. Peking hatte bereits 1996 Sondertruppen nach Xinjiang verlegt und nicht näher bezeichnete "feindliche ausländische Organisationen" beschuldigt, Separatismus zu schüren.

Muslimische Rebellen des Turkvolkes der Uiguren kämpfen in Xinjiang für die Schaffung eines von China unabhängigen Staates "Ostturkestan", wie er in den 1940er-Jahren kurzzeitig existiert hatte. Peking spricht stets von der Rebellengruppe "Islamische Bewegung Ostturkestan" (ETIM), die auch von den USA als terroristisch eingestuft wird. Viele Uiguren wehren sich gegen die chinesische Fremdherrschaft und beklagen kulturelle und politische Unterdrückung. Seit Anfang der 1990er-Jahre kam es immer wieder zu blutigen Unruhen, zahlreiche "Konterrevolutionäre" wurden hingerichtet, Hunderte von Moscheen und Koranschulen geschlossen. Gegen pro-chinesische uigurische Funktionäre wurden Attentate verübt, so fiel der regimegenehme Imam der Großen Moschee von Kashgar einem Mordanschlag zum Opfer.

Der österreichische UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, verfügt über Informationen, dass in Xinjiang gefoltert wird. Die Opfer des Vorgehens der chinesischen Behörden, von denen er Kenntnis habe, seien in erster Linie uigurische Intellektuelle und Schriftsteller. Den von den USA 2001 in Afghanistan festgenommenen und in Guantanamo internierten Uiguren drohe bei einer Überstellung an China "Gefahr an Leib und Leben". Für 17 von ihnen habe man bisher kein Aufnahmeland finden können. Peking behauptet, dass es zwischen uigurischen muslimischen Separatisten und dem Terrornetzwerk Al-Kaida Verbindungen gäbe. Menschenrechtsorganisationen erklären, Chinas Führung nütze den von den USA ausgerufenen internationalen Kampf gegen den Terrorismus aus, um verschärft gegen Regimekritiker und Minderheiten vorzugehen.

Dalai Lama dementiert Angaben zu 140 getöteten Demonstranten

Der Dalai Lama hat dementiert, China die Tötung von 140 Demonstranten in Tibet vorgeworfen zu haben. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter habe anders als dargestellt in seinem Interview mit der französischen Tageszeitung "Le Monde" keine Zahl von Opfern genannt, teilte sein Büro in Frankreich am Donnerstag mit.

Der Dalai Lama habe auf eine Journalisten-Frage lediglich gesagt, von dem Vorfall in der Provinz Kham gehört zu haben, und darauf verwiesen, dass er die Angaben nicht überprüfen könne. Der verantwortliche Journalist Henri Tincq räumte auf Anfrage der deutschen Nachrichtenagentur dpa einen "professionellen Fehler" ein. Die Zahl stamme von einem Mitarbeiter des Dalai Lama, der sie telefonisch erfahren haben will. Er habe sie dem Oberhaupt der Tibeter in den Mund gelegt, sagte Tincq. "Le Monde" hatte den Dalai Lama zuvor mit der Angabe zitiert, 140 Tibeter seien am Montag von der chinesischen Armee getötet worden. (APA/dpa)