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In der unangenehmen Klagspost für Meinl International Power steckt auch ein Rätsel um eine Stimmkarte.

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Wien - Die Anfechtungsklage gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung (HV) von Meinl International Power (MIP) vom 28. Juli wurde, wie berichtet, nun rasch bei Gericht in Jersey eingebracht. Rasch geht es auch gleich weiter: Bereits am kommenden Freitag, dem 29. August, treffen die Anwälte von MIP und den "Rebellen" vor Gericht aufeinander. Laut Jersey-Recht beginnt eine Verhandlung nämlich immer am Freitag nach Einbringung der Klage - sofern dieser vier Tage entfernt ist.

Eingebracht und zugestellt wurde die Klage am Mittwoch - zu knapp also für einen Verhandlungsstart am Freitag. Ein Urteil der Richter erwarten involvierte Rechtsexperten in sechs bis zwölf Monaten.
Bis zuletzt hatte man bei MIP darauf gehofft, dass der bürokratische Aufwand für die Rebellen rund um Investorensprecher Alexander Proschofsky (er vertritt nach eigenen Angaben rund 250 Anleger, darunter auch große institutionelle) zu hoch sein würde und sie daher von einer Anfechtungsklage absehen würden. Doch diese Hoffnungen wurden am Mittwoch um 14 Uhr Jersey Zeit (15 Uhr MESZ) zerstört. Simon Radford, er sitzt als Vertreter aus Jersey im MIP-Direktorium, hat um diese Zeit die 15-seitige Anfechtungsklage für die Gesellschaft entgegen genommen.

Stimmen aufgebucht

Die Richter könnten sich vor allem für einen Passus der Klagsschrift interessieren, in dem es um die Stimmkarte 09607 geht, eine "Zauberkarte" , wie sie ein Involvierter beschreibt.
Diese Stimmkarte ist erst am Abend der Hauptversammlung, zwischen 18 und 19 Uhr, aufgetaucht, nach dem Abstimmungsdrama rund um MIP-Direktor Michael Treichl und Rebellen-Kandidat Richard Boléat. Wie berichtet, wurde Treichl zunächst aus dem Gremium gewählt und Boléat in das Direktorium gevotet. Dann hatten sich jedoch Investoren gemeldet, die vergessen hatten, ihre Stimme bei diesen beiden Punkten abzugeben. Ihre Stimmen wurden nachträglich hinzugezählt, die Abstimmung damit umgedreht.
Nach diesem Debakel um die Abstimmung haben viele Anleger die Lust an der HV verloren und den Saal verlassen. Ihre Stimmen - und auch jene einer Großbank - sollen, so der Vorwurf, auf diese Sammelkarte gebucht worden sein. Mit ihr hat danach MIP-Vorsitzender Hans Haider abgestimmt. Die Karte 09607 hat exakt 1.651.751 Stimmen umfasst. Haider soll diese Stimmen dafür genutzt haben, um die noch offenen neun Tagesordnungspunkte in seinem Sinne zu lenken.

Stimmübertragung

Aufgrund der Anmelde- und Vollmachtsformulare (Proxys), die für den Zutritt zur Hauptversammlung ausgefüllt und 48 Stunden vor der Veranstaltung bei der Gesellschaft abgegeben werden mussten, stelle sich nun die Frage, ob eine Übertragung der Stimmen ohne Vollmacht rechtens war. Und Vollmachten für eine Übertragung der Stimmen auf die "Zauberkarte" soll es nicht geben.
Schlimmer noch: Die betroffenen Anleger sollen nicht einmal davon gewusst haben, dass ihre Stimmen nach Verlassen des Saales weiter verwendet wurden.
Erklärungen und Überprüfungen, ob die Stimmkarte 09607 überhaupt gültig sei oder nicht, soll Haider bei dem Aktionärstreffen am 28. Juli abgelehnt haben.
Zwei weitere Klagen gegen die Hauptversammlung sollen folgen. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.8.2008)