"Kulturdelikt". Was ist das? Wenn sich in der oberösterreichischen Heimat der Innenministerin Maria Fekter Jugendliche beim Zeltfest ansaufen, eine Schlägerei mit Verletzten provozieren oder zu acht in einem Auto um drei Uhr früh auf dem Weg zur Disco gegen einen Baum rasen? Fekter hat recht, wenn sie es für unerträglich hält, dass pro Jahr dutzende muslimische Mädchen mit 14, 15 aus der Schule verschwinden und mit einem Cousin in Anatolien zwangsverheiratet werden; oder wenn sie sagt, dass mehrere muslimische Männer wegen "Ehrenmorden" an Frauen, Töchtern, Schwestern im Gefängnis sitzen (Österreichs Medien berichten - anders als deutsche - wenig darüber).

Aber jetzt einen Tatbestand "Kulturdelikt" zu schaffen, obwohl Mord, Nötigung etc. ohnehin unter Strafe stehen, ist nur ein übler Wahlkampftrick. Diese Phänomene sind normal zu bekämpfen, strafrechtlich oder, noch besser, durch ein dichtes Netz von Beratungsstellen und soziale Kontrolle. Auch Bürgermeister Häupl soll dem türkischen Vater, der seine Tochter nicht in die Schule schicken will, nicht mit Ohrwaschlabreißen drohen, sondern den Jugendämtern mehr Geld geben. (rau/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2008)