Barack Obama hatte es vorhergesehen: Seine Umfragewerte könnten einbrechen, sagte der demokratische Präsidentschaftskandidat vor einigen Wochen zum Abschluss seiner Reise durch Europa und den Nahen Osten. Und in der Tat, so ist es gekommen. Die nationalen Erhebungen mögen dabei nur ein Indikator für die generelle Stimmung im Land sein, viel besorgniserregender für den Senator sind dagegen Umfragen in den einzelnen Bundesstaaten. Denn dort muss sich Obama - ähnlich wie schon im langen Vorwahlkampf - seine Wahlmänner erkämpfen.

Florida, wo George W. Bush im Jahr 2000 die Wahl so knapp gewann, dürfte wegen der konservativen Exilkubaner und tausender zugezogener (Militär-)Pensionisten an John McCain fallen, schätzen Experten. Obama muss deswegen sowohl in Ohio als auch in Pennsylvania, den beiden anderen mittelgroßen "Swing"-Staaten, unbedingt gewinnen. Dafür braucht er eine demokratische Kernklientel, die weiße Arbeiterschaft, auf seiner Seite. Doch die hat zumindest bei den Vorwahlen eher auf Hillary Clinton gesetzt. Beinahe genauso wichtig für den Demokraten sind Colorado - der Nominierungsparteitag findet nicht zufällig dort statt - und Virginia. Dorthin hat Obamas Kampagne in den vergangenen Wochen massiv Personal und Geld transferiert.

Enorm viel wird auch von Obamas Rede in Denver abhängen. Die Bürger wollen diesmal mehr als nur salbungsvolle Worte und Reminiszenzen an Martin Luther King hören. Sie wollen wissen, wie der Wandel, den Obama so inbrünstig predigt, denn konkret aussehen soll. Will Obama im Herbst eine Chance haben, muss er so deutlich werden, wie es McCain zu sein pflegt. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2008)