Wem gehört diese Bananenstaude?

Foto: Fallen Fruit

 "Und die abgefallenen Beeren deines Weinbergs sollst du nicht auflesen; für den Armen und Fremden sollst du sie lassen", zitiert die kalifornische Künstlergruppe Fallen Fruit auf ihrer Website aus dem 3. Buch Mose, dem Levitikus (19, 9-10).

In Kombination mit dem im Fallen-Fruit-Manifest formulierten Aufruf, man möge Kommunen und Städte dazu aufrufen, in öffentlichen Parks und zwischen Parkplätzen Schatten spendende und die Leute ernährende Obstbäume zu pflanzen, riecht das weltfremd. Ein Appell an die Misericordia der Menschen formuliert von einer Hippie-Kommune oder einer Obstbaum-Sekte aus Los Angeles, die die ganze Welt kultivieren will?

David Burns, Matias Viegener und Austin Young von Fallen Fruit geht es in ihrem aktivistischen Projekt, abseits karitativer Nebeneffekte, viel mehr um die Ressourcen des öffentlichen Raums. Aufs Obst gekommen sind sie wegen dessen simpler Symbolik, seines kulturellen und sozialen Werts und seiner konstanten Bedeutung über soziale und kulturelle Gruppen hinaus.

Was 2005 mit der Idee, alle auf oder über öffentlichem Grund gedeihenden Obstbäume in ihrer Nachbarschaft, Silver Lake, zu kartografieren, begann, hatte schon damals mehr im Sinn, als öffentliche, urbane Ressourcen besser zu nutzen. Das Verzeichnen in Karten ermöglicht die Ernte auch anderen, spannt kartografische und gemeinschaftliche Netze, reaktiviert also Formen der Nachbarschaft. Selbst die geringen Produktionskosten und den Wegfall von Transportkosten haben die drei pfiffigen Missionare bedacht. Auch in Linz fällt ihre Predigt von der alternativen Ökonomie aktionistisch aus: Auf nächtlichen Streifzügen wird nach Futter gesucht, das jeder pflücken darf, und die Daten der Fundorte werden öffentlich zugänglich gemacht.

Fallen Fruit ist eines von zahlreichen Einzelprojekten im Stadtraum von Linz, die an Take Away (data to go) andocken. Das Mutterprojekt versucht, den widersprüchlichen Begriff des Öffentlichen im virtuellen Raum des World Wide Web zu veranschaulichen. (kafe, SPEZIAL - DER STANDARD/Printausgabe, 22.08.2008)