Das Markenzeichen amerikanischer Parteitage sind Luftballons. Blau, weiß und rot, in den Farben des Sternenbanners, schweben sie von der Decke herab, signalisieren auf gewollt patriotische Art, dass nunmehr die heiße Phase des Wahlkampfs beginnt.

Der Ballonregen, er steht für ein Spektakel, das Kritiker gern als melodramatische Inszenierung verspotten, als den Sieg Disneys über den seriösen Diskurs. In Zeiten der Terrorangst zwingt die Show die Gastgeberstädte obendrein, sich in belagerte Festungen zu verwandeln. Dennoch finden sich immer wieder Metropolen, die eine "Convention" ausrichten wollen, selbst wenn dabei finanzielle Verluste auflaufen. Auf lange Sicht soll der touristische Imagegewinn die roten Zahlen mehr als wettmachen.

Ab heute 23:00 Uhr MEZ ist es Denver, das die knapp 5000 Delegierten der Democratic Party empfängt, damit sie Barack Obama zu frischem Wind verhelfen. In den Umfragen liegt er gleichauf mit John McCain, sein Vorsprung ist geschmolzen. Obama braucht den Parteitag, um Schwung zu holen. Was zählt, sind schöne Fernsehbilder.

Egal, ob die Kameras aus der Sporthalle Pepsi-Center übertragen oder aus dem Invesco Field, einem American-Football-Stadion: Am Ende der Woche soll die Nation genauer wissen, wer der Kandidat ist und wofür er steht. Die US-Bürger sollen eine Partei erleben, die sich geschlossen um ihren Spitzenmann schart. Um jeden Preis wollen die Organisatoren vermeiden, dass offener Streit ausbricht, etwa ein Kräftemessen zwischen der alten und der neuen Garde, zwischen den Clintons und Obama.

Auf dem Papier ist alles so sorgfältig geplant, dass sich das Programm liest wie das Arrangement eines Pop-Potpourris. Erst treten die jungen Talente auf, dann die Altstars, am Ende gehört die Bühne dem neuen Meister. Am Montag führen Obamas Verwandte die Rednerliste an: Gattin Michelle, die indonesisch-amerikanische Halbschwester Maya Soetero-Ng sowie Schwager Craig Robinson, ein Basketballcoach.

Der Dienstag steht im Zeichen Hillary Clintons. Am Mittwoch will Joe Biden, der Vizepräsidentschaftsbewerber, beweisen, dass auch er mitreißen kann. Am Donnerstag ist Obama an der Reihe, auf den Tag genau 45 Jahre nach Martin Luther Kings berühmter "I have a dream"-Rede. Um ihm die größtmögliche Kulisse zu sichern, zieht der Kongress von der kleineren Basketballhalle in eine Arena mit 76.000 Sitzplätzen um. (fh/DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2008)