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Der Georgienkonflikt hat die bisherige Zahl von bis zu 240 000 georgischer Binnenflüchtlinge dramatisch erhöht.

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Saut Beginn der Kaukasuskrise zwischen Georgien und Russland hat sich das Aufgabengebiet der NGO verändert. Sie kümmert sich jetzt vorrangig um Flüchtlinge.

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Nina Tsikhistavi (rechts im Bild) gemeinsam mit NGO Mitarbeiterin Marion Fischer aus Bonn auf einer Demonstration in Tiflis vergangenes Jahr. Mit ihrer Botschaft "Ich bin Georgierin" protestiert sie gegen die Deportation von Russen auf Grund ihrer Herkunft.  

An ihr "früheres Leben" als Absolventin der Wissenschaftsschule in Georgien und Botanikerin kann sich Nina Tsikhistavi kaum mehr erinnern. Es scheint Jahrzehnte her zu sein, dass sie ihre Dissertation über die Familie der blaue Glockenblume "Campanula L." geschrieben hat. Auch wenn es um ihr Geburtsdatum geht, scheinen Tsikhistavis Erinnerungen zu verschwimmen: "Ich bin zwischen 26 und 72 Jahre alt - so, wie ich mich gerade auf Grund meiner Erfahrungen fühle."

"Seht her!"

Tsikhistavis Erfahrung mit NGOs reicht bis Mitte der Neunziger zurück: Nachdem sie 1995 in der Organisation ihres Mannes zwei Jahre lang viel über Recht und Toleranz gelernt hatte, beschloss sie mit zwei weiteren Kollegen ihr eigenes Projekt zu starten - und gründete 1997 die Organisation "Caucasian Women's Network", dessen Arbeitsfeld sich auf das gesamte Kaukasusgebiet erstreckt. Tsikhistavi selbst arbeitet für CWN in Georgien und verlangt nicht nur von der Regierung, Gesetze zu verbessern. Auch betroffene Frauen selbst sollen aktiv werden, wenn ihre Rechte in der Arbeit verletzt oder sie Opfer häuslicher Gewalt werden. Mit ihrer NGO will Tsikhistavi den Menschen zeigen: "Seht her! Wir, die Frauen vom Kaukasus, sind bereit für Frieden und Gleichberechtigung zu kämpfen!" Stolz zeigt die gebürtige Georgierin ihr weißes Haar, das sie seit zwei Jahren nicht mehr färben will. Diskussionen über diese Botschaft an Frauen, dass die Gesellschaft von jedem - egal wie alt - vollen Einsatz braucht, ignoriert Tsinkhistavi.

Neue Aufgaben

Über zehn Jahre lang engagierte sich Tsikhistavi mit ihrer Organisation für die Frauen im Kaukasus: Sie verfasst Stellungnahmen von Müttern russischer Soldaten oder nimmt Kontakt zur UNO auf. Doch seit russische Bomben auf die georgische Stadt Gori am 8. August gefallen sind und eine neue große Welle von Binnenflüchtlingen über das Land geschwappt ist, hat sich Tsikhistavis Aufgabe geändert: Jetzt klopft Nina täglich bei Restaurants an, um dort beschädigtes Geschirr oder unbenutzte Möbel für die Opfer des Krieges zu sammeln. Gemeinsam mit Kindern aus Gori geht sie durch die Straßen, um Nachbarn um nützliche Dinge zu bitten. Viermal am Tag schleppt sie die Sammelstücke mit Kollegen von anderen NGOs zu Verteilerzentren. Zurück im Büro koordiniert sie die Arbeiten ihrer sechs Mitarbeiter, plant Treffen mit anderen NGOs oder arbeitet an einem Fragebogen, der bei der Dokumentation der Kriegsschäden in Gori helfen soll und der beim UN-Menschenrechtsgerichtshof im Verfahren gegen Russland nützlich sein soll.

Hilfe für Binnenflüchtlinge

Der Georgienkonflikt hat die bisherige Zahl von bis zu 240 000 georgischer Binnenflüchtlinge dramatisch erhöht. Mindestens 128 000 Menschen - meist Frauen und Kinder - soll der neu entbrannte Konflikt zusätzlich zu solchen Flüchtlingen gemacht haben. Genau diesen Opfern, die innerhalb ihres Landes zu Flüchlingen werden, will sich Tsikhistavi mit ihrer Arbeit im CWN widmen, wenn die russischen Truppen Georgien endlich verlassen haben. Bereits jetzt engagiert sich Tsikhistavi für 2 500 von ihnen, die in einem stillgelegten Militärkrankenhaus in einem isolierten Bezirk Goris leben müssen. Täglich sieht Tsikhistavi das Leid in ihrem Land - trotzdem will sie Georgien nicht verlassen. "Jedes Land auf der Welt hat mehr oder weniger mit Arbeitslosigkeit und ähnlichen Problemen zu kämpfen. Daher macht es für mich mehr Sinn, die Arbeit in meinem eigenen Land zu beginnen." (mapo/ flon/ derStandard.at, 29.8.2008)