Melbourne - Chinas gigantischer Verbrauch an Rohstoffen beschert dem australischen Bergbaukonzern Rio Tinto glänzende Geschäfte. Die weltweite Nummer zwei der Branche verdiente im ersten Halbjahr nach Angaben vom Dienstag mit 5,47 Mrd. Dollar (3,70 Mrd. Euro) 55 Prozent mehr als vor einem Jahr. Der unerwartet kräftige Gewinnsprung stärkt dem Konzern im Kampf gegen die Übernahmepläne des Branchenprimus BHP Billiton den Rücken: Dessen Offert von 150 Mrd. Dollar ist Rio Tinto angesichts der blendenden Gewinnaussichten zu niedrig.

Viele Experten gehen davon aus, dass sich Rohstoffe wegen der Wirtschaftsflaute in den USA und Europa bald verbilligen werden. Rio Tinto schlug diese Erwartungen jedoch in den Wind: Bisher habe die konjunkturelle Abschwächung die Nachfrage kaum gebremst, außerdem seien die Vorräte gering und die Förderkapazitäten vielerorts ausgereizt. "Die Geschäfte des Konzerns laufen weiter sehr gut und der Ausblick bleibt positiv", resümierte der Direktoriumsvorsitzende Paul Skinner.

Börsianer teilen diese Zuversicht offenbar nicht ganz. Sorgen über Chinas Konjunktur und fallende Rohstoffpreise drückten die Rio-Aktie in London gut drei Prozent ins Minus, obwohl der Konzern rund 400 Mio. Dollar mehr verdiente als von Analysten erwartet. Auch die Übernahme durch BHP ist für die Anleger noch nicht fix: Die Papiere kosten rund zehn Prozent weniger, als BHP zahlen will.

Allein nach China exportierte Rio Tinto im ersten Halbjahr 20 Prozent mehr Eisenerz als ein Jahr zuvor. Aber auch die Übernahme des kanadischen Aluminium-Herstellers Alcan habe zum Gewinnsprung beigetragen, da die Integration gut verlaufe, erklärte Rio. Dank des chinesischen Rohstoff-Hungers konnte auch BHP vergangene Woche für das gesamte Geschäftsjahr einen Rekordgewinn von 15,4 Mrd. Dollar vermelden. Dabei strotzte auch BHP vor Zuversicht, was die zukünftigen Geschäftsaussichten angeht. BHP will die Übernahme von Rio offiziell einläuten, sobald die Wettbewerbsbehörden grünes Licht geben. Die australischen Kartellwächter wollen ihr Votum im Oktober bekanntgeben, die EU-Kommission im Dezember. Die australische Behörde äußerte schon vergangene Woche die Sorge, dass eine Verschmelzung der beiden Giganten den Preis für Eisenerz weiter in die Höhe treiben könnte. Davon wären nicht nur Eisenwerke in Australien und China betroffen, sondern auch deutsche Autohersteller. (APA/Reuters)