Klaus Liebscher wurde 1995 Präsident, drei Jahre später Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank. Kommenden Freitag wird er über diese 13 Jahre in einer Pressekonferenz Bilanz ziehen.

Heute, Dienstag, fand sein Abschiedsbesuch bei Bundespräsident Heinz Fischer statt (Bild), am Mittwoch empfängt Liebscher in Berlin aus den Händen von Bundespräsident Horst Köhler das deutsche Große Verdienstkreuz mit Stern.

Der Euro kann nicht alleine für die Preissteigerungen der letzten Zeit verantwortlich gemacht werden - dieser Ansicht ist Klaus Liebscher nach wie vor. Der scheidende OeNB-Gouverneur - er übergibt sein Amt am 1. September an Ex-Bawag-Chef Ewald Nowotny - übte am Dienstag Kritik an der gerade in Auflösung befindlichen Großen Koalition: Große Brocken wie die Verwaltungsreform seien völlig ausgeblieben.

"Kritik am Euro nur teilweise berechtigt"

Die Kritik am Euro als "Teuro" sei nur teilweise berechtigt, sagte Liebscher im Ö1-Mittagsjournal-Interview. Leider hätten einige Wirtschaftssektoren im Zuge der Euro-Einführung von Umrundungen und versteckten Preiserhöhungen Gebrauch gemacht, andererseits habe es in Österreich noch nie eine Dekade mit einer derart geringen Inflationsrate gegeben, betonte der Notenbank-Gouverneur.

In den Köpfen der Bevölkerung habe sich etwas verankert, was nicht der Realität entspreche. "Wir haben in den ersten zehn Jahren des Euro-Lebens in Österreich eine Inflationsrate von durchschnittlich 1,7 Prozent gehabt. Ich halte das für einen sensationellen Erfolg", so Liebscher. Von "Teuro" könne also realistischerweise keine Rede sein.

Entbürokratisierung gescheitert

Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass der Euro in Summe bei aller Kritik positiv ist. "Vielleicht haben wir zu wenig informiert", so Liebscher. Auch die europäische Politik habe den Euro vielleicht zu wenig unterstützt, um das Potenzial herauszuholen, das dieser Wirtschaftsraum habe. Wichtig sei auch, verstärkt Wirtschaftswissen in die Bevölkerung hineinzubringen. "Das fängt schon in der Schule an", so der Gouverneur.

Von der heimischen Politik erwartet sich Liebscher, dass sie sich auf den Lorbeeren nicht ausruht und einen klaren stabilitätsorientierten Kurs verfolgt. Unzufrieden zeigte sich der Gouverneur beim Thema Entbürokratisierung und Liberalisierung: Große Brocken wie die Verwaltungsreform seien völlig ausgeblieben, dort wäre ein riesiges Einsparungspotenzial gegeben. "Reformstillstand ist nicht geeignet für die Schaffung von Wirtschaftswachstum oder Arbeitsplätze", so Liebscher.

Wie sich sein Tagesablauf in der bevorstehenden Pension gestalten wird, werde sich noch zeigen, so Liebscher. "Ich möchte mich nicht nur auf der Parkbank finden. Das ist nicht, was ich suche", so der Noch-OeNB-Gouverneur. (APA)