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Leergefegte Straßen in New Orleanskurz vor dem Eintreffen des Hurrikans.

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Einwohner New Orleans folgen der Anordnung des Bürgermeisters und verlassen die Stadt.

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Ein Mann rüstet sich im French Quarter für den großen Sturm.

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"Gustav" auf einer Satellitenaufnahme.

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Washington/Havanna - Die äußerste Spitze des Hurrikans "Gustav" hat am frühen Montagmorgen die US-Küste am Golf von Mexiko erreicht. Dem Radar zufolge ziehe der Wirbelsturm derzeit über das Delta des Mississippi-Flusses in Richtung New Orleans, so die Meteorologin des Nationalen Hurrikan-Zentrums (NHC), Patricia Wallace.

Fast zwei Millionen Menschen haben die Küste von Louisiana verlassen und harren in Hotels und Notunterkünften aus. In New Orleans fiel am Sonntagabend Regen auf die Straßen der geräumten Stadt, während erste Sturmböen die südöstliche Spitze des Staates erreichten. Der Hurrikan sollte nach Mitternacht (Ortszeit) westlich von New Orleans auf Land treffen.

Der Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin, lobte die Einwohner seiner Stadt, die alle Anweisungen der Behörden befolgt hätten. "Ich finde es toll, dass so viele Menschen sagen 'Wir als Amerikaner müssen das dieses Mal richtig machen'", sagte er. "Wir können es uns nicht leisten, das erneut zu vermasseln." Polizeikommandeur Mike Edmondson schätzte, dass 90 Prozent der Einwohner der Küste von Louisiana ins Landesinnere flohen.

Die Evakuierung von insgesamt fast zwei Millionen Menschen war die größte Aktion dieser Art in dem US-Bundesstaat überhaupt. Tausende weitere Menschen brachten sich in den Nachbarstaaten Mississippi, Alabama und Texas in Sicherheit. Insgesamt wurden für einen Küstenstreifen von 800 Kilometern Länge Warnungen ausgegeben. "Katrina", ein Hurrikan der höchsten Stufe fünf, hatte seinerzeit mehr als 1.600 Menschenleben gekostet.

Neuerliches Anwachsen zum Hurrikan

Der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, wandte sich am Sonntagabend ein letztes Mal an die rund 100.000 Zurückgebliebenen entlang der Küste. "Wenn Sie sich noch nicht in Sicherheit gebracht haben, bitte tun Sie es. Sie haben immer noch einige Stunden", sagte er. Einige, die ursprünglich ausharren wollten, änderten in letzter Minute ihre Meinung.

"Gustav" bewegte sich nach Angaben von Meteorologen schneller als erwartet auf die Küste zu. Um 20.00 Uhr am Sonntagabend (Ortszeit; 02.00 MESZ) befand sich sein Zentrum rund 280 Kilometer südöstlich der Mississippi-Mündung. Gemessen wurden Windböen mit einer Geschwindigkeit von 185 Kilometern pro Stunde.

Bereits fast 100 Todesopfer

Bei seinem Verwüstungszug durch die Karibik hat "Gustav" nach neuesten Angaben bereits fast 100 Menschen das Leben gekostet. Allein 76 Todesopfer waren in Haiti zu beklagen, wie die dortigen Behörden am Sonntag mitteilten. Jamaika meldete zehn Tote, die Dominikanische Republik fast ebenso viele. In Kuba, wo der Hurrikan am Sonntag auf Land traf, wurden rund 86.000 Häuser völlig zerstört und tausende weitere beschädigt. In New Orleans gab es bereits vor der Ankunft des Hurrikans bei der Evakuierung eines Spitals drei Todesopfer.

Die kubanischen Behörden maßen in einigen Böen Windgeschwindigkeiten bis zu 340 Kilometer pro Stunde. 80 Kraftwerke wurden außer Betrieb gesetzt. Berichte über Tote lagen zunächst aber nicht vor. Über dem Golf von Mexiko schwächte sich "Gustav" wieder etwas ab, doch wurde damit gerechnet, dass er beim Auftreffen auf die US-Südstaaten am Montag abermals an Stärke gewinnen würde.


New Orleans: Noch nicht alle Dämme wieder aufgebaut

In New Orleans sind noch nicht alle Dämme, die der Hurrikan "Katrina" vor drei Jahren gebrochen hat, wieder aufgebaut. Vor fast genau drei Jahren, am frühen Morgen des 28. August 2005, wirbelte "Katrina" als Hurrikan der Stufe fünf mit Windgeschwindigkeiten bis zu 256 Stundenkilometern und sintflutartigen Regenfällen auf die Küste der US-Bundesstaaten Louisiana, Mississippi und Alabama zu - und traf auf ein völlig unvorbereitetes New Orleans. Dabei galt die Stadt im Delta des Mississippi als besonders gefährdet: Sie wird im Süden vom Fluss und im Norden vom Pontchartrain-See begrenzt und liegt unter dem Meeresspiegel.

Dennoch taten die Behörden zunächst nichts. Als einige kleinere, schlecht gewartete Dämme nachgaben oder einfach überflutet wurden, ließ Bürgermeister Nagin die Stadt zwangsevakuieren. Rund 80 Prozent der 485.000 Einwohner flüchteten Richtung Norden, was nur zum Teil gelang: Highways waren längst unterspült, Brücken gebrochen, viele Menschen blieben im Verkehrschaos einfach stecken, die Behörden waren überfordert. Bis zu 60.000 Menschen wurden im Footballstadion Superdome untergebracht - und dort von den Wassermassen eingeschlossen. Mehr als sieben Meter stand New Orleans unter Wasser.

Tausende Menschen mussten tagelang ohne ausreichend Wasser und Lebensmittel ausharren - und vielen Medien fiel plötzlich auf, dass es vor allem die sozial schwächere schwarze Bevölkerungsgruppe war, die hier sich selbst überlassen wurde. In den Straßen trieben Leichen, es wurde geplündert und gemordet, der Zorn auf die Bundesbehörden wuchs. Bürgermeister Nagin, ein Demokrat, schimpfte, die in Washington sollten "gefälligst ihren Arsch in Bewegung setzen und uns helfen".

"Katrina" verwüstete Präsident George W. Bushs öffentliches Ansehen endgültig. Statt umgehend in das Krisengebiet zu reisen, zog es der Präsident vor, mit der Air Force One kurz über die überflutete Stadt zu fliegen. Die Bundesbehörde für Katastrophenschutz und vor allem deren Chef, der Bush-Intimus Michael Brown, waren völlig überfordert. Er musste acht Tage nach Katastrophenbeginn abberufen werden, obwohl der Präsident sein Krisenmanagement ausdrücklich lobte: "Brownie, du machst einen höllisch guten Job."

"Katrinagate" für Bush

Die amerikanischen Medien berichteten über ein "Katrinagate" für George W. Bush. Er sei ein Kriegspräsident, der den Bürgern im eigenen Land nicht zu helfen imstande sei. Davon erholte sich Bush bis heute nicht mehr, seit "Katrina" hat er die schlechtesten Umfragewerte, die ein US-Präsident je hatte. 1800 Menschen starben in New Orleans, "Katrina" hatte einen Schaden von mehr als 125 Milliarden Dollar angerichtet.

New Orleans wird - für viele viel zu langsam - wieder aufgebaut. Die Besiedelungsdichte soll vor allem in den innerstädtischen, sozial schwachen Wohngebieten drastisch gesenkt werden. Das bedeutet: Viele Wohnanlagen werden abgerissen statt saniert. (pra, stui, DER STANDARD - Printausgabe, 1. September 2008/APA/AP/dpa/AFP)