Wien  - Der börsennotierte Stahlkonzern voestalpine konnte im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2008/09 den Umsatz um 68,5 Prozent auf 3,26 (1,93) Mrd. Euro steigern. Unter Berücksichtigung der buchtechnisch relevanten Kaufpreisallokation (purchase price allocation, ppa) für Böhler-Uddeholm gab das Ergebnis nach Steuern um 0,7 Prozent auf 240,3 (242,1) Mio. Euro nach. Ohne ppa lag der Nettogewinn bei 304,6 Mio. Euro, teilte der Konzern heute, Mittwoch, adhoc mit.

Der Stahlkonzern liegt damit deutlich über den von Analysten prognostizierten Zahlen: Diese gingen im Vorfeld im Mittel von einem Umsatzanstieg auf 3,03 Mrd. Euro und einem Nettogewinn von 185,4 Mio. Euro aus.

Auch das bekanntgegebenen EBITDA lag mit 542,6 (+33,3 Prozent) über den Schätzungen von 505,5 Mio. Euro, ebenso das EBIT mit 357,7 (+13,8 Prozent). Analysten erwarteten 306,5 Mio. Euro. Alle Zahlen unter Berücksichtigung der Kaufpreisallokation für Böhler-Uddeholm.

Die Konjunkturentwicklung in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2008/09 stellte sich in nahezu allen für den voestalpine-Konzern wesentlichen Märkten und Kundenbranchen unverändert positiv dar, so das Unternehmen.

"Das Wiedererreichen des Vorjahresergebnisses erscheint aus heutiger Sicht - trotz einer gewissen Unsicherheit in Bezug auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im letzten Quartal des Geschäftsjahres (1. Kalenderquartal 2009) - gut abgesichert."

Reaktionen

Positiv wurden Quartalsergebnisse von Händlern und Analysten aufgenommen. "Die Zahlen waren sehr gut", sagte ein Aktienhändler in der Früh. An der Börse stiegen die voestalpine-Aktien bis gegen 10 Uhr um 1,10 Prozent auf 37,76 Euro. "Die Zahlen waren aus unserer Sicht sehr, sehr positiv", sagte Erste Group-Analyst Franz Hörl in einer ersten Reaktion.

Die Zahlen zum ersten Quartal 2008/09 seien sowohl über den Erwartungen seines Instituts als auch über den Konsensus-Schätzungen gelegen. Positiv hob der Analyst auch die Nachfragesituation im Quartal und den optimistischen Ausblick des Managements für die kommenden Monate hervor.

Das verhältnismäßig moderate Plus der voestalpine-Aktie erklärt der Analyst mit der generell negativen Börsenstimmung am Mittwoch. Die voestalpine-Aktie habe zudem schon im Vorfeld der Zahlen gegen einen teilweise schwachen Markttrend zugelegt, so Hörl. Details zum Geschäftsverlauf erwarten Analysten nun von dem am frühen Nachmittag anstehenden "Conference Call" des Unternehmens.

Hinausdrängen der Böhler-Altaktionäre spießt sich

Die ehemaligen Aktionäre des Edelstahlkonzerns Böhler-Uddeholm haben nach dessen Übernahme durch die voestalpine im Vorjahr noch kein Geld für ihren erzwungenen Ausstieg bekommen. Voraussetzung für die Bezahlung des von der Böhler-Uddeholm-Hauptversammlung beschlossenen Abfindungsbetrages von 70,26 Euro je Aktie an die Minderheitsaktionäre sei die Eintragung des Ausschlussbeschlusses in das Firmenbuch beim Handelsgericht Wien, teilte die voestalpine mit. Dieser Formalakt sei aber durch eine Anfechtungsklage durch die Londoner Convisor Consulting Ltd. hinausgeschoben worden.

Aufgrund der Klage der Convisor Consulting gegen das Hinausdrängen der Altaktionäre ("Squeeze-out") habe nunmehr das zuständige Gericht zu entscheiden, ob eine Eintragung des Ausschlussbeschlusses in das Firmenbuch vor rechtskräftiger Entscheidung über diese Klage erfolgt oder nicht. Wie weit es zu einer derartigen Unterbrechung des Eintragungsverfahrens über den Squeeze-out kommt oder nicht, entscheidet das Firmenbuchgericht voraussichtlich im September 2008.

Klage

Nach Überschreiten der Stimmrechtsschwelle von 90 Prozent bei der Böhler-Uddeholm AG im März 2008 hatte die voestalpine die notwendigen Schritte für den Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach dem Gesellschafter-Ausschlussgesetz eingeleitet. In der am 23. Juni 2008 abgehaltenen ordentlichen Hauptversammlung von Böhler wurde der Squeeze-out-Beschluss gefasst, der die Voraussetzung für die Übernahme sämtlicher Aktien des Unternehmens durch die voestalpine AG darstellt.

Gegen diesen Beschluss habe die Convisor Consulting, eine auf den Turks and Caicos Islands registrierte Gesellschaft, eine Klage wegen Anfechtung und Nichtigkeit dieses Ausschlussbeschlusses beim Handelsgericht Wien eingebracht. Zur voraussichtlichen Dauer dieses Gerichtsverfahrens können aus heutiger Sicht noch keine Aussagen getroffen werden.

Böhler leidet unter hohen Rohstoffpreisen

Der von der voestalpine übernommene Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm hat im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (April bis Juni) unter den hohen Rohstoff- und Energiepreisen gelitten. Der Umsatz erhöhte sich um 10 Prozent auf über 1 Mrd. Euro. Der Gewinn vor Steuern (EBT) und der Periodenüberschuss stagnierten aber bei 111,0 (Vorjahresperiode: 111,3) bzw. 80,1 Mio. Euro, geht aus einer Unternehmensmitteilung von heute, Mittwoch, hervor.

Der Auftragseingang verringerte sich gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 5 Prozent auf 836,3 Mio. Euro. Der Auftragsstand erhöhte sich um 11 Prozent auf 1,27 Mrd. Euro.

Die vergangenen Jahre seien für Böhler-Uddeholm von einer überdurchschnittlich guten Edelstahlkonjunktur und Rekordwerten bei Umsatz und Ergebnis geprägt gewesen, teilte das Unternehmen mit. Im ersten Quartal 2008/09 habe sich die Nachfrage für Edelstahl und Werkstoffe zwar auf einem zufriedenstellenden Niveau stabilisiert. Böhler-Uddeholm sei aber mit einem signifikanten Anstieg der Kosten für Energie und Spezialschrott konfrontiert gewesen. Auch die Legierungspreise seien mit Ausnahme von Nickel leicht gestiegen. Eine weitere Belastung für die Geschäftsentwicklung resultierte aus der anhaltend ungünstigen Währungsrelation des US-Dollar gegenüber dem Euro, dem brasilianischen Real und der schwedischen Krone. Böhler-Uddeholm spürt diesen negativen Effekt nicht nur direkt bei den Exporten, sondern indirekt auch bei jenen Kunden, die in den US-Dollar-Raum liefern.

Trotz dieser schwierigeren Rahmenbedingungen habe Böhler-Uddeholm moderate Zuwächse bei Umsatz und Betriebserfolg (EBIT) erreicht. Die Böhler-Gruppe erhöhte den operativen Gewinn (EBIT) um 4 Prozent auf 124,1 Mio. Euro, die EBIT-Marge schwächte sich von 12,9 auf 12,2 Prozent ab.

Für das zweite Quartal 2008/09 rechnet das Unternehmen mit einem saisonalen Effekt während der Sommermonate. Dieser Einfluss könnte die Geschäftsentwicklung heuer etwas stärker als in den Vorjahren belasten. Sollte sich jedoch das Konjunkturumfeld in den kommenden Monaten nicht signifikant eintrüben, werde auch im zweiten Quartal ein Auftragseingang etwa in Höhe des Vorquartals erwartet. (APA)