Bild nicht mehr verfügbar.

Nach dem verheerenden Flugzeugunglück in der vergangenen Woche ist die Zukunft der Spanair unsicher.

Foto: AP/Caivano

Madrid - Eine Woche nach dem tragischen Flugzeugabsturz von Madrid zeichnet sich für die betroffene Fluggesellschaft Spanair eine düstere Zukunft ab. Die allgemeine Branchenkrise, hohe Treibstoffkosten und die nachlassende Nachfrage hatten Spaniens zweitgrößter Fluggesellschaft bereits im ersten Halbjahr 2008 einen Verlust von 55 Mio. Euro beschert und selbst das Mutterunternehmen, die skandinavische Airline SAS, tief in die roten Zahlen gezogen. Über 300 Mio. Euro Schulden lasten auf der Airline. Der Absturz der Spanair Maschine MD-82 auf dem Madrider Flughafen, bei dem 154 Passagiere den Tod fanden, könnte dem Unternehmen nun endgültig das Genick brechen. Spanische Finanzexperten glauben nicht, dass sich die bereits angeschlagene Fluggesellschaft von diesem Schlag erholen wird.

Das Vertrauen der Konsumenten in die Airline befindet sich auf dem Tiefpunkt. Der Ticketverkauf ist eingebrochen. Die voraussehbaren Sammelklagen der Angehörigen der 154 Todesopfer werden dem Unternehmen hart zusetzen. Dramatische Zeitungsberichte über die veraltete Flotte sowie zwei weitere "außerplanmäßige" Landungen in Malaga und Granada wegen technischer Probleme schürten nur wenige Tage nach dem Madrider Flugzeugunglück erneut das Misstrauen in die Sicherheit der Airline.

Welche Zukunft die skandinavische Muttergesellschaft SAS für ihr verlustbringendes "Sorgenkind" aus Spanien plant, ist seit dem Unglück noch ungewisser als zuvor. Schon seit 16 Monaten versucht SAS-Chef Mats Jansson vergeblich, die ungeliebte Tochter loszuwerden. Bereits im Juni erklärte er, dass die durch die Kerosinverteuerung verursachte allgemeine Branchenkrise einen Verkauf von Spanair derzeit so gut wie unmöglich mache. Selbst die Gespräche mit dem Investorenkonsortium um den früheren Spanair-Gründer Gonzalo Pascual sowie mit der sehr interessierten Iberia führten in der schwierigen Marktlage nicht zum Verkaufserfolg. Vielen Interessenten zogen ihre Angebotsbekundungen wegen der aktuellen Krisenstimmung zurück oder boten so wenig, dass SAS-Geschäftsführer Jansson nur abwinken konnte.

Verlustgeschäft

Für die SAS-Gruppe entwickelte sich die Übernahme von Spanair schon kurz nach dem Kauf im Jahre 2003 zu einem Verlustgeschäft. Spanair wurde 1986 von den spanischen Unternehmern des heutigen Reisekonzern Marsans, Gonzalo Pascual und Gerardo Diaz, als Charter-Airline gegründet. Schnell stieg die Fluggesellschaft zur zweitgrößten Airline des Landes auf und machte dem damaligen Monopolisten Iberia ab 1994 auch als Linienflieger vor allem innerhalb Spaniens große Konkurrenz. Die skandinavische SAS-Gruppe sah in Spanair deshalb den geeigneten Partner, um ihr Spanien- und Lateinamerika-Geschäft auszubauen und übernahm 95 Prozent des Kapitals.

Doch schon kurz nach der Übernahme begann mit dem gigantischen Anstieg der Kerosinpreise der Sturzflug von Spanair. Das Gros ihrer Fluggäste waren aufgrund der Flugziele nicht Geschäftsreisende, sondern Touristen, die deutlich sensibler auf die durch den Kerosinaufschlag bedingten Preiserhöhungen reagierten. Zudem setzten die sprunghaft gestiegenen Treibstoffkosten der Gesellschaft mit ihrer überalterten Flotte besonders zu. Vor allem die 36 Jets vom Typ MD-82, die über die Hälfte ihrer 65 Maschinen zählenden Spanair-Flotte ausmachen, gelten als Spritschlucker und müssen gegen neue, sparsamere Modelle eingetauscht werden. Vor den dafür notwendigen Milliardeninvestitionen schreckten die SAS-Verantwortlichen bisher aber zurück. Die Skandinavier wollten lieber verkaufen. Nachdem die Verkaufsverhandlungen aber vorerst gescheitert waren, versuchte man Spanair mit einem drastischen Sparprogramm am Leben zu erhalten: Unrentable Verbindungen, rund ein Fünftel des Streckennetzes, werden bis September gestrichen, fünf Stützpunkte in Spanien werden dicht gemacht und 1.100 der insgesamt 3.800 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Zudem sollen bis Oktober rund ein Viertel aller Flugzeuge abgestoßen werden.

Darunter befinden sich auch die neun MD-82 Maschinen, zu denen auch die Madrider Unglücksmaschine gehörte, die rund 25 Prozent mehr Kerosin verbrauchen als modernere Flugzeugtypen. Das erklärte Ziel: Es sollen 90 Mio. Euro Kosten im Jahr gespart werden. Ob das nach dem Absturz von Flug JK 5022 noch reicht, ist fraglich. Das Verbrauchervertrauen ist nicht mehr vorhanden. (APA)