Wien - Vizekanzler Wilhelm Molterer und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein haben bei ihrer Präsentation des VP-Wirtschaftsprogrammes in Alpbach das Anti-Teuerungs-Programm des SPÖ erneut scharf kritisiert. "Nicht mit uns", wetterte der Finanzminister. Gefragt, ob er allfällige Beschlüsse nach der Wahl rückgängig machen werde, meinte Molterer: "Jetzt schauen wir einmal, dass dieser Unsinn nicht passiert".
Besonders scharfe Worte fand Molterer für die von SP-Obmann Werner Faymann angestrebte Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und die Abschaffung der Studiengebühr. Ersteres sei ein "wirklicher Fehlgriff", "sauteuer und hilft nicht". Außerdem wäre die Maßnahme "budgetpolitisch brandgefährlich", weil man damit "die Steuerentlastung des Mittelstandes gefährden, wenn nicht sogar verunmöglichen". Auch die Landwirtschaftskammer und der Bauernbund lehnen die von der SPÖ geplante Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ab.
Die SPÖ unter Parteichef Werner Faymann falle in ihre alte Gießkannenpolitik zurück, kritisierte Stummvoll. ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek sagte: "Werner Faymann verkauft für seinen eigenen Vorteil kaltlächelnd die eigene Großmutter."
"Studiengebühren-Abschaffung unsozial"
In Anlehnung an Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sprach Molterer von einem "Super-GAU". Denn die MwSt.-Halbierung würde 1 Mrd. Euro kosten, die dann bei der Steuerentlastung fehlen würden. Außerdem könne niemand garantieren, dass die Halbierung der MwSt. auch bei den Konsumenten ankomme. Die Maßnahme wäre außerdem unsozial, wiederholte Molterer sein Argument, dass es auf Gänseleber oder Kavier keine Steuerbegünstigung geben sollte. Und viertens würde die Maßnahme das Einkommen der Familien unberücksichtigt lassen.
Auch die Abschaffung der Studiengebühren hält der Vizekanzler für unsozial. "Wir tun da nicht mit". Sollte die SPÖ diese mittels anderer Mehrheiten abschaffen, werde man dies nach der Wahl wieder rückgängig machen.
Molterer hält nichts von Revanchegelüsten
Auf die Frage, ob man sich - wie die SPÖ - nun auf die Suche nach anderen Mehrheiten abseits des Noch-Koalitionspartners begeben wird, um eigene Standpunkte durchzusetzen, meinte Bartenstein, es sei ja die SPÖ gewesen, die das Wort gebrochen habe. Er verwies auf das "freie Spiel der Kräfte" und deutete an, dass man sich etwa betreffend der von der ÖVP gewünschten Stärkung der Wettbewerbsbehörde nach anderweitiger Unterstützung umschauen könnte. "Wir halten uns die Möglichkeit ein wenig offen". Molterer erklärte allerdings, er halte nichts von Revanchegelüsten.
Faymann glaubt an Umsetzbarkeit
Trotz Kritik, die auch von Expertenseite kommt, glaubt SPÖ-Chef Werner Faymann, dass die von ihm geplante Halbierung der Mehrwertsteuer auch vor den strengen Augen der EU standhält, auch wenn es nur zwei reduzierte MwSt-Sätze geben dürfte. Einer dieser geringeren Sätze betrifft mit 12 Prozent den Ab-Hof-Verkauf von Wein sowie Elektroautos. Juristen seien überzeugt, "dass wir unseren Standpunkt erklären können", meinte Faymann bei einer Pressekonferenz in Wien. "Keinesfalls" will er durch die Maßnahme die Weinbauern und die Konsumenten, die gerne Wein Ab-Hof kaufen, benachteiligen.
Einigkeit bei Familienbeihilfe und Pflegegeld
Die ÖVP präsentierte in Alpbach indes ihre eigenen Pläne zur Teuerungsbekämpfung. Sie setzt unter anderem auf eine Stärkung der Wettbewerbsbehörde - Molterer und Barteinstein deuteten an, man könne sich hier Mehrheiten abseits der SPÖ suchen. Kernpunkt des ÖVP-Wirtschaftsprogramms ist die steuerliche Entlastung des Mittelstands. So propagierte Molterer einmal mehr den VP-Plan einer Tarifsenkung über alle Steuerklassen hinweg sowie geplante Entlastungen für Familien etwa mittels Absetzbeträgen für Kinderbetreuung.
Der Teuerung will die ÖVP mit einem "Paket" entgegenwirken, das die Inflation bis 2010 auf unter 2 Prozent senken soll. Konkret nannte Molterer die in den Grundzügen mit der SPÖ bereits akkordierte 13. Familienbeihilfe, die Pflegegelderhöhung sowie das nach wie vor umstrittene "Österreich-Ticket" und die bereits beschlossene Vorziehung der Pensionsreform. (APA)