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Foto: AP Photo/Eduardo Verdugo

Graz - "Wölfe werden in Österreich bald wieder Fuß fassen", ist Heinz Dungler, österreichischer Wolfsbeauftragter, überzeugt - und ist derzeit dabei, einen Wolfs-Managementplan zu entwerfen. Dungler berichtet von schon vier Beobachtungen, die heuer im Norden Österreichs gemacht wurden. Im vergangenen Jahr sei ein Wolf durch die Wälder im Süden von Wien gezogen, ein anderer wurde in Vorarlberg gesehen. Vor allem aus dem Osten könnte jederzeit Nachschub kommen, meint der Experte: "In den Nachbarländern erholen sich die Wölfe wieder gut."

In Deutschland gebe es etwa 30 Wölfe, in Polen sollen es über tausend sein. In der Slowakei zähle man rund 400 Tiere und in Slowenien und Ungarn lebten kleinere Populationen, die Zuwachs aus Kroatien bekämen. "Die meisten dieser Länder sind auch froh über die Wolfspopulationen", so Dungler. Aber vor allem in der Schweiz und in Slowakei gebe es Gegner, darunter vor allem besorgte Landwirte und Jäger, die die Wölfe nicht als Bereicherung, sondern als Gefahr sehen würden.

Bewusstseinsbildung

"Das Wichtigste sind nicht etwa Vorbereitungen in der Natur", betont der Experte im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr der Tiere, "Bewusstseinsbildung, mehr Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung sind der Schlüssel." Dungler arbeitet selbst daran, u.a. durch Vorträge, die er in ganz Österreich hält, das von Sagen und Horrorfilmen geprägte Image zu korrigieren und ein wahrheitsgetreues Bild der Tiere zu zeichnen.

Den Grund, warum der Wolf wieder im Vormarsch sei, erläutert Christoph Walder, Wildbiologe des WWF: "Überall da, wo die Verfolgung konsequent gestoppt wurde, nehmen die Populationen wieder zu". Aufklärungskampagnen und Artenschutz hätten in Italien und Frankreich den Boden dafür bereitet. Ob sie bis nach Österreich vordringen könnten? Die ökologischen Bedingungen hätten sich verbessert, der Waldanteil sei gestiegen und es gebe so viele Hirsche und Rehe wie noch nie, für Nahrungsgrundlage sei also gesorgt.

Platz für bis zu 200 Tiere

Wolfsbeauftragter Dungler, hauptamtlich Sportwissenschafter an der Uni Salzburg, glaubt, dass in Österreich Platz für rund 200 Wölfe wäre. Schäden an Nutztieren würden nicht ins Gewicht fallen und könnten durch Versicherungen der Landesjägerschaften gedeckt werden. Wölfe würden maximal einen Schaden von 10.000 Euro pro Jahr anrichten: "Ein reiches Land sollte sich das leisten." Das weitaus größere Problem sei eine mögliche ablehnende Haltung der Bevölkerung.

--> Das komplizierte Verhältnis Mensch - Wolf

Begonnen hatte das Verhältnis von Mensch und Wolf (Canis lupus) durchaus positiv: Immerhin war der Wolf das erste Tier, das der Mensch domestizierte: und das nicht einmal, um ihn - wie den größten Teil der übrigen Haustiere - zu essen. Kompliziert wurde die lange anhaltende Jagdgemeinschaft von Mensch und Wolf erst, als der Mensch sesshaft wurde und große Herden von Nutztieren hielt. Damit war der Grundstein für eine Nahrungskonkurrenz gelegt.

Dieses Konkurrenzverhältnis verankerte allmählich eine negativere Sichtweise des Wolfs in den Köpfen der Menschen, die durch kulturelle und religiös verbrämte Entwicklungen noch verschärft wurde: der "Böse Wolf" als Feind des Menschen. Reste davon hielten sich bis in die Gegenwart in Sagen und Filmen. Bei Völkern, die keine Zuchttiere hielten, sondern von der Jagd lebten, wurde der Wolf hingegen als idealer Jäger verehrt. 

Wellen der Ausrottung

Im Mittelalter wurden die Wölfe in Europa fast ganz ausgerottet. Erst mit der Pestwelle kehrten auch die Wölfe wieder zurück. Damals stellten die Tiere ein Problem dar - doch nicht direkt für den Menschen, sondern für dessen Nutztiere: Riesige Schafherden im Alpenraum waren eine Nahrungsgrundlage für die Rudel. Ein zweiter, effektiverer Versuch, den Bestand zu dezimieren, wurde mit der Erfindung der Schusswaffen eingeleitet. Das, was sie wirklich vertrieben und zum Verschwinden gebracht hat, war die industrielle Revolution. Mit den Maschinen verschwanden die riesigen Herden aus den Alpen - und damit eine wichtige Nahrungsquelle für die Wölfe.

In Österreich wurde der Wolf um 1892 ausgerottet, das letzte Exemplar soll in den 1970-er Jahren am Wechsel erlegt worden sein. Um 1970 war die Wolfspopulation in ganz Europa auf wenige Rudel in entlegenen Gebirgsregionen Spaniens, Frankreichs und Italiens zusammengeschrumpft. In den vergangenen Jahrzehnten konnten sich diese Restvorkommen wieder stabilisieren. Nun breiten sie sich wieder langsam über Europa aus: Wölfe können pro Tag zwischen 70 und 100 Kilometer zurücklegen, weshalb sie von den Populationen in den Nachbarländern innerhalb zweier Tage hier sein könnten. (APA/red)