Wien/Alpbach - Die heimische Tourismuswirtschaft fordert die volle Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Jobsuchende aus osteuropäischen Staaten. "Die 2004 beschlossene Übergangsbestimmung zum Schutz des heimischen Arbeitsmarkts bis 1.1.2011 schützt nicht mehr, sondern schadet der Wirtschaft", heißt es in einer Resolution, die die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer am Mittwoch in Alpbach verabschiedet hat. Die Gewerkschaft vida hat die Forderung umgehend zurückgewiesen.

Über ein Drittel der seit der Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für weitere Fachkräfte im Jänner ausgestellten Bewilligungen wurden nach Angaben der Tourismussparte für Köche aus EU Beitrittsländern ausgestellt. Das sei der Beweis, wie dringend Arbeitskräfte benötigt werden, sagte Sparten-Obmann Hans Schenner laut Mitteilung. Mit fast 200.000 Mitarbeitern habe es im Juli einen Beschäftigungsrekord im Hotel- und Gastgewerbe gegeben. Gleichzeitig fordert die Branche die Beibehaltung des Saisonniers-Kontingents, weil hauptsächlich Arbeitskräfte aus Drittstaaten wie zum Beispiel Serbien und Bosnien davon betroffen seien. Für die Spitzen in der Saison würden diese Arbeitskräfte auch weiterhin benötigt.

Keine Lösung

Nach Ansicht von Renate Lehner, Bundessektionssekretärin der vida, löst eine Aufhebung der Übergangsfristen "die Probleme der Branche nicht, sondern schafft neue". Wichtiger wäre, die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung im Tourismus zu verbessern und so die Branche attraktiver zu machen, forderte sie in einer Aussendung. Mehr als 77 Prozent der Beschäftigten im Tourismus sind maximal sechs Monate im gleichen Betrieb, im Jahresschnitt gibt es 16,6 Prozent Arbeitslosenquote.

Eine Umfrage der Gewerkschaft unter 2.510 Lehrlingen im Hotel- und Gastgewerbe, die ebenfalls am Mittwoch in Alpbach präsentiert wurde, zeigt, dass 75 Prozent der unter 18-Jährigen Überstunden machen müssen, obwohl das verboten ist. Auch die Abend- und Nachtruhevorschriften werden oft missachtet: Ein Drittel der unter 16-Jährigen muss fallweise länger als bis 23 Uhr arbeiten, obwohl 20 Uhr die gesetzliche Grenze wäre. Weibliche Lehrlinge wiederum würden häufig für berufsfremde Hilfstätigkeiten wie Fensterputzen oder Blumengießen eingesetzt. Laut Umfrage wollen 62 Prozent der Befragten den Betrieb und 16 Prozent sogar die Branche wechseln. (APA)