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ZUR PERSON: Hermann Schützenhöfer (56), bereits "Urgestein" des Arbeitnehmerflügels der ÖVP, ist Landeshauptmannvize und Chef der Volkspartei in der Steiermark. Er trat vehement für Neuwahlen im Bund ein.

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STANDARD: Die ÖVP zeigt sich über Werner Faymanns Paktbruch moralisch entrüstet. Das Empörtsein wird wohl als Antwort darauf für einen Wahlsieg nicht reichen?

Schützenhöfer: Wir konnten nicht damit rechnen, dass sich Faymann auf ein noch tieferes Niveau begibt, als er eh schon war. Wir werden den SPÖ-Vorsitzenden Faymann jetzt nicht länger schonen. Wir müssen ab sofort klarmachen, dass Faymann nichts anders als ein Luftblasenakrobat ist, ein Ankündigungsmilliardär, der sogar seine Großmutter verkaufen würde, um bei den Wahlen zu reüssieren. Man kann sich nur schämend abwenden. Ich kann nur hoffen, dass das Experiment Faymann gescheitert ist, bevor es begonnen hat.

STANDARD: Aber eine wirkliche Gegenstrategie ist trotzdem noch nicht zu erkennen. Die ÖVP ist jetzt völlig in die Defensive geraten.

Schützenhöfer: Was muss die ÖVP tun? Noch einmal: Wir müssen eben aufzeigen, was Faymann ist. Er ist ein Günstling zeit seines politischen Lebens, ein kalt lächelnder Primitivpopulist, der nie wirklich auf die kleinen Leute geschaut hat, sondern nur auf sich. Ich kenne keinen Politiker, der in diesem Ausmaß Millionen Euro aus Steuergeldern für Kampagnen nutzt, um sich selbst zu inszenieren. Ums Inseratengeld der ÖBB und Asfinag ist gut stinken. Das alles gehört jetzt schonungslos entlarvt.

STANDARD: Das bedeutet: Die Gegenstrategie der ÖVP heißt - voller Angriff auf die Person Faymann. Reicht das aus, um in die Offensive zu kommen?

Schützenhöfer: Na ja, ich kann einer Luftblase nicht mit einer ebensolchen begegnen. Alle anderen Varianten im Sinne einer seriösen Reaktion brauchen natürlich Überlegung, und Überlegung braucht ein bisschen Zeit. Es ist eine zugegebenermaßen durchaus schwierige Phase, weil wir in einer Stimmungsdemokratie leben. Aber ich bin dafür, dass die ÖVP nicht den Weg der Beliebigkeit geht, sondern auf dem der Verlässlichkeit bleibt. Das heißt, wir müssen unsere Politik der wirtschaftlichen Vernunft mit sozialer Verantwortung bis zur Wahl deutlich klarlegen. Das ist schwieriger zu vermitteln, ich weiß, aber ich bin überzeugt, dass es gelingen wird.

STANDARD: Auch auf die Gefahr hin, aufrecht und mit fliegenden Fahnen unterzugehen?

Schützenhöfer: Sicher, wir haben schon einmal den Staat saniert und die Wahlen verloren. Man muss aber seiner Selbstachtung willen und der Selbstachtung der Republik willen den Versuch unternehmen, dass man die Dinge eine Spur ernsthafter angeht, als es jetzt die SPÖ in einem Anfall von Kasperltheater macht. Wir müssen die Volkspartei klar als Partei der sozialen Verantwortung und der Gerechtigkeit positionieren - aber auch als Partei, die im Blick auf Europa verlässlich bleibt. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2008)