Viele überzeugt das Bayern-Duo nicht.

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Kaum ein Sozialdemokrat in Bayern beneidet Birgit Hinz um ihren Arbeitsplatz. Vom "Alten Bad" , ihrem urigen Wirtshaus in Wildbad Kreuth, hat sie immer die Macht der CSU im Blick. Unübersehbar und majestätisch thront jenes gelbe Gebäude in dem winzigen oberbayerischen Kurort, in dem die CSU regelmäßig in Klausur geht, um Strategien auszuhecken, sich selbst zu feiern oder auch mal ihren Parteichef auszuhebeln.

Auch im nächsten Winter werden die CSU-Oberen wieder zu ihrem traditionellen Treffen auflaufen. Aber ob sie noch so mächtig sein werden wie heute - Birgit Hinz hat ihre Zweifel: "Dass die CSU bei der Wahl wieder locker über 50 Prozent kommt, ist keine ausgemachte Sache" , meint sie und nennt auch gleich einen Grund für die drohende Malaise bei der Landtagswahl am 28. September: "Wenn Stoiber in Berlin auftrat, hatte das Gewicht und das gefiel den Leuten in Bayern. Der war halt viel weltmännischer als die zwei."

Die zwei - das sind Ministerpräsident Günther Beckstein und CSU-Chef Erwin Huber. Gemeinsam haben sie Edmund Stoiber vor einem Jahr beerbt und versuchen seither mit ihrer Doppelspitze zu beweisen, dass sie es genauso gut können wie dereinst "der Edi" allein. "Wer die Macht aufteilt, der verliert sie auch" , lächelt Hinz und vor der CSU-Trutzburg weht eine zerrissene weiß-blaue Fahne sachte im Wind.

Ohne Risse, ohne Kratzer präsentiert sich Bayern hingegen in der guten Stube von Matthias Wittmann. An der Riedlerbrücke verkauft er Souvenirs, auf seinen Postkarten strahlt die Sonne und leuchten die bayerischen Berge.

Doch mit der guten Laune ist es gleich vorbei, wenn man nach der CSU fragt. "Da ist viel schief gelaufen im ersten Jahr, irgendwie haben die immer noch nicht Tritt gefasst," sagt Wittmann. Brandherde fallen ihm jede Menge ein: Das Rauchverbot, das in Bayern so scharf ist wie sonst nirgends. Der geplatzte Traum vom Transrapid, der den Münchner Flughafen und den Hauptbahnhof verbinden hätte sollen. Das Debakel der bayerischen Landesbank. Und dann noch der Aufstand des Tandem Beckstein/Hubers gegen Kanzlerin Angela Merkel wegen der Pendlerpauschale. Der Einwand, dass die zwei ja wieder mehr Pendlerpauschale herausschlagen wollen, zieht beim Souvenirhändler nicht: "Durchschaut doch jeder, dass das nur Wahlkampf-Show ist."

Alleinregierung seit 1962

"50 Prozent für die CSU sind kein Gottesgeschenk. Die muss man sich schon erarbeiten" , meint er. Beckstein und Huber sind jedenfalls wild entschlossen, dies in den wenigen Wochen bis zur Wahl noch zu tun.
Unermüdlich geben sie die Parole von "50 plus X" aus, die es am 28. September zu erreichen gelte. Denn nur so kann die CSU verhindern, dass sie zum ersten Mal seit 1962 wieder einen Koalitionspartner suchen muss. Trost, oder gar Entwarnung bietet derzeit kein Meinungsforschungsinstitut. Niemand kann der CSU, die mit Stoiber 2003 noch auf 60,7 Prozent kam, diesmal zumindest das Überschreiten der magischen 50-Prozent-Marke garantieren.

Huber drischt im Moment auf die Linken ein, die in den bayerischen Landtag wollen. Einen "politischen Kreuzzug" müsse man gegen sie führen, sagt er - wofür sich die Linkspartei erfreut bedankt. "Ein besseres Wahlgeschenk könnte er uns gar nicht machen" , lobt Sprecherin Eva Bulling-Schröter.

In Wildbad Kreuth, im Souvenirladen, hat man dennoch eine Vorstellung, warum die beiden Stoiber-Nachfolger möglicherweise am Wahlsonntag mit einem blauen Auge davon kommen könnten - eine, der man auch in der CSU-Zentrale und der bayerischen Staatskanzlei anhängen dürfte: "Die zwei sind doch nur eine Zwischenlösung" , sagt Touristin Anke Renold beim Ansichtskartenkauf, "der Huber kann nicht reden, der Beckstein hatte bloß als Innenminister Biss. Aber schauen Sie sich doch die Konkurrenz an - bei den Sozialdemokraten schaut‘s ja derzeit auch nicht besser aus." (Birgit Baumann aus Wildbad Kreuth/DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2008)