Auf dieses Erbe hatte sie nie geschielt. Vielmehr war die Hinterlassenschaft ihrer adeligen Vorfahren, der Almeidas, eng mit einem schweren Schicksalsschlag verbunden. 1976 stirbt der jüngere Bruder von Nicolette Waechter mit nur 26 Jahren an Krebs. Hingeschrieben auf ein kariertes Blatt Papier macht er kurz vor seinem Tod die jüngere Schwester zur Besitzerin des Mondsees, den die Familie einst von Napoleon geschenkt bekam.
"Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. Wir waren so beschäftigt mit der Krankheit meines Bruders" , erinnert sich Waechter im STANDARD-Gespräch. Mehr als drei Jahrzehnte später ist die heute 60-Jährige weit über das Salzkammergut hinaus bekannt als die "Mondsee-Frau".
Besitzerin von 14 km2 Wasserfläche zu sein ist Waechter aber auch nach so langer Zeit manchmal ungeheuer. "Einen See zu besitzen klingt toll. Weniger gesehen wird die viele Verwaltungsarbeit. Es gibt eine Vielzahl von laufenden Pacht- und Mietverträgen für Bojen, Bandleitern, Stege und Bootshäuser" , erzählt die geschiedene Mutter dreier erwachsener Kinder.
Der enorme Aufwand, den Seebesitz entsprechend zu verwalten, ist einer der Hauptgründe, warum die Grüne und Bürgerrechtlerin mit Uni-Abschlüssen in Romanistik und Erziehungswissenschaften jetzt ihr Erbe zum Verkauf anbietet. Waechter: "So ein großer See ist für eine Privatperson eigentlich ein unübersichtlicher Besitz: sieben angrenzende Gemeinden, zwei Bundesländer, 500 Nachbarn."
Doch auch die Sehnsucht nach einem anderen Wohnort veranlasst den "absoluten Familienmenschen" jetzt zum Verkauf. "Ich bin durch und durch ein Kulturtyp und liebe die Stadt. Dieses Gefühl hat sich mit dem Älterwerden verstärkt. Die Gegend um den Mondsee ist wunderschön, doch um hier zu leben, braucht es eine bestimmte Mentalität, die ich nicht habe" , sagte Waechter von sich selbst.
Die Kultur hat sich die Verfechterin eines Motorboot-Fahrverbotes übrigens an den See geholt. 1995 übernahm die ausgebildete Gestalttherapeutin den "Höribachhof" in St. Lorenz und verwirklichte so ihren Traum eines kulturellen Eigenheims. Heute harmonieren dort eine biologische Landwirtschaft und ein reges Kulturangebot prächtig.
Mit der Natur verbindet Nicolette Waechter viel. "Mein ganzer Bezug zur Natur ist ein spiritueller, ich erlebe die Natur als sehr wesenhaft. Ich kann nicht hellsehen, aber dafür mit Bäumen kommunizieren." (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.8.2008)