Vor 15 Jahren, im Juni 1993, kamen Vertreter aus über 170 Staaten zur Weltkonferenz für Menschenrechte in Wien zusammen. Ihr Ziel: gemeinsam einen globalen Plan zur Stärkung der Menschenrechte zu erarbeiten. Nach Jahrzehnten der ideologischen Auseinandersetzung, gerade auch zu Fragen der Menschenrechte, sollte eine neue Ära der Zusammenarbeit auf der Basis gemeinsamer Werte und Institutionen eingeleitet werden.

Mit der "Vienna Declaration and Programme of Action" wurde schließlich ein Dokument angenommen, mit dem alle Staaten weit reichende Verpflichtungen eingegangen sind. Von besonderer Bedeutung waren die Ergebnisse zu den Frauenrechten: Trotz anfänglicher Widerstände wurde unmissverständlich klargestellt, dass Frauenrechte integraler Bestandteil der universellen Menschenrechte sind. Dennoch - Menschenrechte werden auch heute, in allen Teilen der Welt, missachtet. Und auch Staaten mit hoch entwickeltem Menschenrechtsschutz wie Österreich stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen.

In Bezug auf die Rechte der Frauen wird auch heute, nicht nur in manchen muslimischen Gesellschaften, versucht, deren Universalität mit Unterschieden in Tradition, Kultur oder Religion in Frage zu stellen. Hier spricht die Wiener Erklärung aber eine deutliche Sprache: Zu der heftig diskutierten Frage des Verhältnisses zwischen Menschenrechten und Tradition oder Religion einigten sich 1993 alle teilnehmenden Regierungen auf den klaren Vorrang der universellen Geltung der Menschenrechte.

Diese universelle Geltung muss jeder Staat konkret in seinem Alltagsleben umsetzen. Das ist ein laufender Prozess von stetigen Verbesserungen - Verbesserungen zugunsten seiner Bevölkerung. Kritik von innen und außen, dass zu wenig und zu langsam gemacht wird, sollte anspornen, ein höchst mögliches Menschenrechtsniveau für unsere Gesellschaften zu erreichen.

Noch immer lehnen aber zu viele Staaten dieses Ansprechen von Menschenrechtsdefiziten als "Einmischung in innere Angelegenheiten" ab. Wir haben das wiederholt in Staaten wie dem Sudan, Burma oder Simbabwe erlebt.

Das darf nicht unwidersprochen bleiben Auch die Haltung Chinas oder Russlands ist nicht zeitgemäß. Kritik ist nie angenehm. Aber in unserer global vernetzten Welt, in der wir alle Nachbarn und Partner sind, muss Raum für kritische Anmerkungen sein. Kein Staat kann sich hinter seinen Grenzen verbergen ... (Ursula Plassnik, DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2008)