Sabastopol - Die Häuser sind mit der russischen Trikolore geschmückt und viele Einwohner haben den Krieg Russlands gegen Georgien bejubelt. Szenen aus einer russischen Stadt? Mitnichten: Es sind Bilder aus Sewastopol in der Ukraine, deren politische Führung nicht nur wegen des Konflikts im Kaukasus mit Russland im Streit liegt. Etliche vermuten, dass sich die nächste Krise in der Region zwischen Russland und der Ukraine hochschaukeln könnte.

Sewastopol auf der Krim ist vor allem Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte. Deren Schiffe waren im Kriegseinsatz gegen Georgien. "Alle reden über dieselbe Sache, alle lehnen Georgiens Verhalten ab. Auch ich unterstütze Russland", sagte der 33-jährige Alexej Romanow und spaziert durch die sonnigen Straßen der Stadt. Der Hafen entstand im 18. Jahrhundert zur Regierungszeit von Zarin Katharina der Großen als Heimstatt für die russische Marine.

Vertrag bis 2017

Nach dem Tod des Diktators Josef Stalin war die Halbinsel 1954 der Ukrainischen Sowjetrepublik zugeschlagen worden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion musste Russland den Flottenstützpunkt mieten. Der Vertrag läuft 2017 aus, und der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko will ihn zur Verärgerung der russischen Seite nicht verlängern.

Dabei ist die beliebte Urlaubsgegend russisch dominiert. Der ukrainische Zungenschlag ist eher die Ausnahme. "Wir sind alle eins. Russland, die Ukraine und Sewastopol sind so sehr vertäut, dass es schwer ist, sie zu entwirren", sagt der Rentner Pawel Pankratow. Für Ukrainer, die im Westen des seit 1991 unabhängigen Landes leben, sind das schwer zu ertragende Töne.

Unterschätzte Gäste

Die russische Marine dominiert Sewastopol. Sie bietet Tausenden Einwohnern Arbeit. Denkmäler russischer Kriegshelden stehen auf den Plätzen, die Dörfer in der Umgebung tragen so martialische Namen wie "Verteidigung" oder "Grenze". Mit russischem Geld ist die Stadt nach dem Ende des Kalten Krieges auf Vordermann gebracht worden. "Solange die Flotte hier ist, gibt es keine Probleme. Ich fürchte, die ukrainische Regierung hat die Bedeutung der Flotte nicht begriffen", sagt Anatoli Litwinow, der auf dem Marinestützpunkt arbeitet.

Die große Mehrheit der Einwohner ist daher auch gegen das Streben der ukrainischen Regierung in die Nato. Als wäre der Kalte Krieg noch im Gange, sehen sie im westlichen Bündnis Kriegstreiber. Und natürlich wollen sie, dass die Schwarzmeerflotte über 2017 hinaus auf der Krim bleibt. "Die Flotte schützt uns vor allem, auch vor der Nato", gibt sich Litwinow überzeugt.

Regionale Konflikte

Auch die Regionalpolitiker wollen die Blauen Jungs aus Russland über das Jahr 2017 hinaus auf der Krim halten. "Die Schwarzmeerflotte wird auch nach 2017 hier sein, und Sewastopol wird der ukrainischen Regierung keine Provokation durchgehen lassen. Das dient der Ukraine und Russland", verkündet Kommunalpolitiker Gennadi Basow.

Solche Äußerungen lassen die Sorge aufkommen vor weiteren regionalen Konflikten, wie sie im Kaukasus jüngst in einen Krieg eskaliert waren. In der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien hatte Russland an die Einwohner russische Pässe ausgegeben und dann erklärt, sie müsse russische Bürger beschützen. Damit begründete die Führung in Moskau ihre harte Reaktion auf die georgische Offensive in Südossetien.

Auch auf der Krim gibt es den Drang nach Russland: "Die überwiegende Mehrheit in Sewastopol wünscht die russische Staatsbürgerschaft, um näher an Russland zu sein und von Russen beschützt zu werden", beschreibt der Lokalpolitiker Michail Furaschow die Lage. (Reuters)